Samstag, 10. November 2018

Riegelverkostung - Symphony

Diese Riegelware wurde mir von der werten Tovaritsch Galinskarovskajowitsch zur Verkostung zur Verfügung gestellt. Dafür Dank.

Was steht drauf: Creamy Milk Chocolate; Almond & Toffee Chips

Hüftgoldfaktor: 220 Kalorien dat Stück.

Erster Eindruck: Ein an Notenpapier erinnerndes Linienmuster auf pergamentfarbenem Untergrund auf einer Riegelverpackung kommt mir irgendwie bekannt vor. Allein, hier sind die Linien gerader und kann ich wenigstens den auf mich als Freund dieser musikalischen Gattung äußerst sympathischen und in augengefälliger Schrift gesetzten Namen lesen. Es wird uns also bei bewußt schlicht gehaltener Ummantelung, bei selbstbewußtem Understatement in der Annonce ein wahrhaft symphonisches Geschmackserlebnis angekündigt, ein wohlmundendes Zusammentreten schokoladiger, mandeliger und toffeesker Bestandteile, die im Sichergänzen größer und reicher werden, als die Summe ihrer Einzelkomponenten.
Und sollte man auf der Verpackung den Hinweis auf den Hersteller dieses musischen Barrens übersehen haben, wetzt ein unübersehbares Relief aus Großbuchstaben in der leicht konkaven Oberfläche desselben diese Scharte aus und gibt eindrücklichst zu verstehen, daß es sich dabei um niemand anderen als HERSHEY handelt.
Unter der milchschokobraunen Hülle riecht man auch schon allerhand Andeutungen des sich bald geschmacklich zu Entfaltenden, so als lausche man ganz dicht am Vorhang vor dem Orchestergraben dem Stimmen der Instrumente, das zwar noch nicht recht harmonisch aber in seinem ureigenen Klang ungemein spannend und vorfreudig tönt.

Mundhaptik: Ein kurzer Wirbel auf der Pauke leitet den ersten Satz, ein kurzes Knacken den ersten Bissen ein. Dann setzten schnarrend und brummend die Celli und Kontrabässe ein, dazu reiben sich ein paar Bratschen ein, während Symphony im Mund seinen Kau-Lauf nimmt und man sofort nach dem Abbiß knackende Mandelhälften und honigklebrige knacksenden Toffeespindeln gewärtigt, die zerrieben und zerscharrt werdend mit dem Schmelz der zergehenden Milchschokolade wie in einem Bett, einer gemütlichen Lade aus crescendierend-wabernden Violinen sich vermengen und schließlich verbinden. Frohgemut kaut man vor sich hin und ein Banause wäre, wessen Kiefer nicht  unwillkürlich in den gemütlichen Takt von Haydns Hunderterster, 2. Satz einfielen.

Geschmack: Wie eine Haydn-Sinfonie ist auch dieser Geschmack nicht unbedingt das, was man als "frisch" bezeichnen würde (was auch dadurch mitbedingt sein könnte, daß mein Riegelexemplar sein 'best before' im Februar 2017 überschritten hatte), allein das etwas angestaubte, antiquierte einer schweren, antiken Standuhr aus dunklem Holz mit großem Messingpendel paßt hier ganz vorzüglich ins Gesamtbild. "Symphony" mit seiner leicht angelaufen wirkenden schokoladenen Süße, dem Karamelligen, dem Honigunterton und den betagten Mandeln schmeckt, wie ein Herbstnachmittag in Großvaters gemütlicher, stets etwas zu dunklen Stube mit den alten Möbel, den dicken Vorhängen, die ein kleines bißchen muffig nach den eigentlich verbotenen Zigarren riechen und der gemächlich tickenden Uhr. Und wenn er dann eine Schellackplatte mit Haydn auf den steinalten, immer ein wenig rauschenden Grundig-Plattenspieler auflegte, während man die archaischen, aber herrlich süßen und aneinanderklebenden Karamellbonbons aus der braunen Holzdose, die ihm sein eigener Opa geschnitzt hat, lutschteund seinen Geschichten lauschte und sich fragte, wie alt er eigentlich ist und in kindlicher Bezugsgrößenlosigkeit "bestimmt 100!" schätzte, hatte man schon eine ganz präzise Vorstellung vom Geschmack dieses Riegels, der erst Jahrzehnte später in den eigenen Mund finden sollte.

Fazit: Nostalgie und Symphony. Ein Riegel, der einen auf eine behagliche Reise in gute alte Zeiten schickt, in denen alles langsamer, einfacher und süßer war.