Sonntag, 7. Juni 2015

Riegelverkostung – Milky Way French Vanilla and Caramel


Was steht drauf: Rich Chocolate, Creamy Caramel, Smooth Nougat. Artificial Flavors.

Hüftgoldfaktor: 220 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Weltraumtaxi Machiato. Daran erinnert mich auf den ersten Blick die taxibeige Grundfarbe der Riegelhülse, die aber genausogut als der mittleren Phase einer Latte Machiato (Milch mit bereits einigen wenigen Kaffeeeindiffundaten) entsprechend empfunden werden mag und der karamellen-hellbraune Galaxiennebel, der auf dem hellen Untergrund schwebend wohl kosmisch-milchstraßige Assoziationen wecken soll, in mir aber vor allem das geistige Bild wonnevoller Spiralen gerade in gemächlicher Einrührung befindlicher Crema hervorruft.
Leicht angeschrägt darüber prangt weißkontrastiert der förstergrüne, klassische Schriftzug, worunter der derart aufs wartende Vergnügen eingestimmte naschend sein Werdende einer  oben und unten durch jeweils eine dandyhaft gezwirbelte Schnurrbarthälftenlinie eingefassten, englischsprachigen Information teilhaftig wird, derzufolge eine geschmackliche Melange aus französischer Vanille und Karamell erwartet werden darf. (Riegelaussehen und Geruch übrigens wie bei handelsüblichen MilkyWay bzw. Mars)
Durch dieses Versprechen und die ganze Aufmachung fühlt man sich zurückversetzt an einen mit dem Sommer flirtenden Spätfrühlingsfrühabend in einer chicen französischen Stadt der belle epoque, wo man in einem populären Brasserie noch rasch ein koffeinhaltiges Heißgetränk zu sich nimmt, während Droschken und die ersten dieser modernen Automobilisten in ihren knatternden Kisten auf dem Kopfsteinpflaster vorbeiklappern, bevor einen der Kavalier de la semaine mit gewichstem Schnorres, Zierdegen an der Seite und Pomade im Haar zum brandneuen Cinématographen ausführt. Ich bebe vor Vorfreude….

Mundhaptik: Anbiß und Kauerlebnis könnten zarter, weicher und gaumenscheichelnder nicht sein, wenn einem von zartesten, arbeitsunbedürftigsten und in Stutenmilch und Gelee Royal zu vollendeter Geschmeidigkeit gebadeten Brahmanenhänden eine in einen Kokon aus feinstem Elbenhaar gesponnene Cumulus-Wolke in den Mund gebettet worden wäre. Wie ein goldener Wasserfall strömt aus der Abbißstelle das Karamellfluidium in der Farbe reifsten Weizens, auf dem vereinzelt noch bißhalber abgesprengte Schokoschollen schwimmen und fließt an der es bettenden reinweißen Lade aus fluffigem Nougatschaum herab, daß über diesen Anblick eine Ballade zu dichten man sich förmlich genötigt fühlt, die etwa so zu beginnen hätte:

Aus dunklen, braunen Hallen, aufgebrochen von des Kecken Biß
sich einst ein Strom aus Karamell, los, endlich in die Freiheit riß,
wo er in güld’ner Pracht und zähem Fluß in weiten Weltenraum
sich schnellte und dann fiel, am Bißrand seiner weißen Lade Schaum

Geschmack:  Ganz in den Vordergrund drängt sich nicht sondern wird Mlle. Vanille mit gebührendem Respekt der Vortritt gewährt, mag sie auch noch so unbourbonisch artifiziell sein. Auf der samtig-breiten, aber ausreichend zurückhaltenden Schaumsüße mit den arabesques au chocolat hie und da wirkt sie in ihrer unverdrossenen, klaren, leicht koketten aber unaufdringlichen Präsenz im besten Sinne altmodisch und stolz darauf, wie Omas knarzende Kaffeemühle mit der geschwungenen Kurbel und wie Großvaters Grammophon auf dem ein hölzerner, handbemalter Trichter den musikalischen Granden aus den Tiefen der Riefen der glänzenden Schellackplatten zu wahrer Größe und Zeitlosigkeit verhalf und zwar nicht trotz, sondern wegen des Kratzens, das dem eitlen Anspruch steriler Perfektion den Spiegel vorhielt, um sein Gesicht als Fratze zu entlarven.

Fazit: Also diese Milky-Wayer verstehen was von Riegeln. Alles richtig gemacht. Ein wundervoll aus der Zeit gefallenes, kosmisches Naschvergnügen.



Jetzt auch als Audio