Freitag, 8. April 2016

Riegelverkostung - Double Decker, Version 2.0

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Kai J. und wurde von ihm höchstselbst von der Affeninsel importiert. Dafür Dank :) 
Es handelt sich überdies um die Neuauflage der Rezension eines Riegels, den ich vor mehr als drei Jahren schon einmal aß und bewertete. Ich bin selber gespannt, ob sich meine Meinung geändert hat.

Was steht drauf: “Soft on top with a crispy bottom - milk chocolate with a soft, chewy nougat & crunchy cereal bottom"

Hüftgoldfaktor: 250 Kalorien dat Stück.

Erster Eindruck: Wohlan, ein Riegel von (Über)format. Wenn man Double Decker so in der Hand wiegt, kommt er einem, verglichen mit bekannter Standardriegelware, wie ein veritables Brikett vor. Ist ja schließlich auch kein Einfach-Decker, sondern ein Doppel-Decker. Außerdem von Cadbury, wie dem violetten, entfernt comicunterseebootumrissförmigen Klecks auf der ansonsten unmißverständlich orangenen Umhüllung zu entnehmen ist, was schonmal eine anständige Schokoladenqualität erhoffen läßt.
Nach Entkleidung präsentiert sich der Riegel, vermutlich durch wenig liebevollen Transport, etwas angedetscht und aus dem Leim gegangen, es sind aber noch die beiden längsachsenparallelen Schokograte auf dem geschundenen Korpus zu erkennen, den der ruppige Umgang am Vorderende hat aufplatzen lassen. Irgendwie kam mir bei diesem Anblick und dem vorfindlichen Farbszenario die Assoziation einer feisten und behäbigen Schabe, die immer zuviel ihre Ess- und stets zu wenig ihre Laufwerkzeuge trainiert hatte und dann, eines Tages, als plötzlich heranbrandendes Licht, mit dem sich der Hausbewohner nach durchzechter Nacht noch bei einem kleinen Mitternachtsimbiss in seiner Küche heimzuleuchten suchte, ihren Fluchtreflex auslöste, nicht schnell genug davon huschen konnte und so ihr tragisches, aufplatzendes und Hämolymphe aus den cuticulären Bruchfugen herausquatschendes Ende unter einem Herrenschuh fand. Doch ich schweife ab, denn geruchlich hat der Doppeldecker rein gar nichts mit Schabenmölm oder Doppeldeckerabgasen, dafür viel mit lecker Schoki zu tun.

Mundhaptik: Aha, ja, in der Tat. Die Aufteilung von ca. 45 zu 55 Volumenanteilen der beiden Schichten, die das Innenleben des Riegels ausmachen, bildet sich auch recht präzise im Kaubild ab: Die obere Schicht besteht aus einer pastösen Candycreme, die die typische mundhaptische Komponente schaumiger Kauigkeit liefert, die untere Schicht hingegen ist ein schokoladärer Balken, der zugleich als Trägermedium für knuspervermittelnde dicht an dicht gedrängte Cerealspheroide fungiert. Beim Anbiss machen sich die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften dieser Riegelphasen auch durchaus bemerkbar: die obere soft und geschmeidig, die untere hartleibig und knusperkrachend. Beim Kauen vermengt sich's dann zu einem nicht idealen Gesamtmundeindruck, da die Komponenten nicht recht zusammentreten und -wirken wollen. In etwa so, als würde man die Insassen eines britischen Doppeldeckerbusses zu einer Runde Ringelpietz mit Anfassen auffordern, bei dem oben die Crème der Gesellschaft bei bester Beleuchtung und Belüftung, angetan in pastellene Gewänder, bestäubt mit edlen Duftwässern und befasst mit oberflächlichem Konversationsgeplätscher breitbackig auf weichem Leder sitzt und unten, im Mief von Mauken, Schweiß und Motoröl beim dimmen Licht von 20W-Birnen die knorrigen, grobknochigen, schieberbemützten Arbeiter halb stehen, halb in den speckigen an der Decke angeschraubten Schlaufen hängen und auf ihrem Weg durch runtergekommene Viertel zum tristen Heim fragwürdige und nicht eben subtile Anekdoten austauschen. Es würde schon irgendwie gehen, aber man bliebe doch lieber unter sich. Und so schafft es dieser Riegel tatsächlich, halb schmierig und halb torfig im Mund zu imponieren.

Geschmack: Ich weiß ja nicht. Vielleich liegt es daran, daß dieser Kamerad nicht mehr der frischeste war oder weil durch die Bruchnähte eingedrungener Sauerstoff wenig feinfühlig mit den Aromen umgesprungen ist, aber irgendwie bleibt der Geschmack hinter den Möglichkeiten der Zutaten zurück. Mehlig und verschwommen-unscharf, etwas bräsig und irgendwie süßlich, mit hie und da noch schokoladigen und getreidigen Handreichungen. Wie ein alt gewordener Stutzer in verschoss'ner Tracht mit angelaufenen Epauletten, der im jungen Leben dem Ruhme nachgesehen und  nun muß doppelt sterbend untergehen, im gemeinen Staub aus dem er entsprungen, unbeweint, ungeehrt und unbesungen.

Fazit: Ein Doppeldecker der nicht mehr fährt, weil ihm nach zu langem Stehen der Motor abgesoffen ist. Man ahnt, was möglich gewesen wäre und ist umso trauriger um diesen Raub der Vergänglichkeit.