Freitag, 8. Dezember 2017

Riegelverkostung – Almond Joy



Was steht drauf: Milk Chocolate, Coconut & Almond

Hüftgoldfaktor: 220 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Mandelfreude. Ein so scheinbar einfaches Wort, ein vermeintlich so naheliegender Name für einen Riegel mit Mandeln stürzt mich sogleich in tiefe epistemische Verwirrung. Von welcher Freude mag hier die Rede sein, von der, die mir der Verzehr durch das enthaltene Mandelgut bereiten soll oder gar jener, die, wem? den enhaltenen Mandeln oder doch der Mandel als platonischer Idee zu empfinden zugetraut wird, wenn dieser Riegel seinem Zweck, der ja notwendig seine Vernichtung, seine Verendlichung beinhaltet, zugeführt wird? Gehört das Verzehrtwerden mithin zum kant’schen Zweck an sich selbst der einzig zu Verzehrzwecken gepflanzten Mandel oder ist er bereits in der seinsmäßigen Mandelhaftigkeit, aus der grundsätzlich Verzehrbarkeit emergiert, enthalten? Und was ist mit der Kokosnuß? Wieso ist sie nicht Teil des Namens? Weil sie weder Freude bereiten noch empfinden kann oder soll oder weil man sich aus unbekannten Gründen der Asymmetrie der Beurteilbarkeit dieser Frage bei ihr weniger gewiß ist als bei der Mandel und sie daher provisorisch unbeurteilt läßt? Wie ein fragender Mund und zwei schräggestellte Mandelaugen darüber starren einen die Abbilder der Zutaten von der in verschiedenen Blautönen gehaltenen Umverpackung an und werfen die Frage auf den Esser zurück, der im Inneren derselben, auf einer weißen Papplade drapiert, zwei kurze, pseudoovale Schokoschiffchen vorfindet, auf denen je zwei Mandeln liegend unter Schokoguß festgehalten sind. Und während sich jene Mandeln durch ihren Umriß verraten, bleiben sie doch unriechbar, wo vom Schiffchen bereits eine leichte Kokosbrise herweht.

Mundhaptik: Ich weiß auch, wie die Schiffchen heißen: Bounty, ohne Zweifel und die Mandeln sind als blinde Passagiere an Bord, die zu inert, zu phlegmatisch und unwirksam sind, um eine Meuterei auszulösen. Denn diese Chose kaut sich keinen Deut anders, als jener vulgärkaribische Allerweltshalbriegel, dem man aus unerfindlichen aber wahrscheinlich neckisch gemeinten Gründen zwei jener Rosaceasamen oktroyiert hat. Es bietet sich dem Munde  also ein halbzähkauiges, koksfaseriges nicht unangenehmes Kaugut, in dem, je nach Abbißstelle, mal mehr, mal weniger Mandelknack enthalten ist, was aber weniger Freude als milde Irritation verbreitet.

Geschmack: Die Freude an der Mandel kann hier wohl nur ein von seinen Fesseln freigesetzter platonischer Höhlenbewohner empfinden, der sich von der Allgegenwart der seinen Horizont aus Kavernenwänden füllenden, ja erfüllenden und alles andere überstrahlenden Kokosprojektion abgekehrt, sich umgewandt und beim Lichte der Idealwelt in der tiefsten geschmacklichen Tiefe der Wirklichkeit die reine Idee der Mandel geschaut hat. So furchtlos, messerscharf und genau muß man schon hinschmecken, wenn man im breiten, dröhnenden, beherrschenden, leicht schokolierten Kokosgewitter, das sich aufmerksamkeitheischend über den Geschmackspapillen entlädt und sie in Bann schlägt, das dünne, ephemere Fistelarömchen der Mandelidee aufnehmen will, welches zumeist nicht einmal mehr und nicht eigenständiger ist, als bloß die Summe des Nicht-Kokosseienden.

Fazit: Mandelfreude bezeichnet also die Freude, über den eigenen epistemischen Mut, die aufgebrachte metaphysische Sinnenschärfe, derer es bedarf, sich aufzuraffen und scheinbar gegen alle Vernunft einen Funken vor der Feuersbrunst, einen Tropfen im Wolkenbruch, ein Blatt im Urwald aufzufinden. Ich gehe jetzt zurück in die Höhle um zu verkünden, was ich gefunden habe. Man wird mir keinen Glauben schenken.