Samstag, 3. März 2018

Riegelverkostung - Tabló? Perugina?

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Christopher N. und wurde von ihm höchstselbst aus dem ulkigen Nachbarstaat im Süden importiert. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Latte cremoso

Hüftgoldfaktor: 160 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Kaos italiano! Man darf sich, angesichts der unordentlichen Vielfalt der Entitäten und Botschaften auf der sommerhimmelblauen, persenninghaften Umhüllung dieses Naschwerks nicht einmal seines Namens sicher sein. Ist er nun „Perugina“? Oder „Tablò“ und was hat die „Latte cremoso“ damit zu schaffen? Und was der offenbar erst 1907 eingetroffene (?) Pegasus und was die Stadt Perugia? Und erwarten einen im Inneren wirklich jene abgebildeten dunkelbraunen, vierrundeckigen medianeingewölbten Pastilloiden, die in Form und Farbe irgendwie an eine Hälfte dieser typischen Dickbrillen aus den 60er, 70er Jahren erinnern und aus denen eine fröhlich-liquide anmutende weiße Milch(?)haftigkeit herausperlt? Aber warum sollte ein zumindest formhalber als schokorieguläres Produkt durchgehendes Nascherzeugnis auch in und an sich stimmiger sein, als die Politik und generell innere Verfaßtheit der Insassen des Landes, in dem es gegossen? Nichts paßt hier zusammen, Farben, Formen, Aussagen, Botschaften, alles scheint in jeweils entschlossener doch ebenso unverdrossener und vielleicht gar augenzwinkernder Selbstbehauptung im unversöhnlichen Konflikt mit allem anderen zu liegen. Es wird sich zeigen, ob, wie dem Land so auch dem Riegel das Wunder gelingen kann, in der Summe dennoch ganz wunderbar zu sein.
Befreit man den Inhalt aus seiner Hülle, offenbar sich Überraschendes: die Pastilloiden sind in Wirklichkeit vier zur Kette verschmolzene olympischen Ringe (einen hatte man wohl leider der N’drangheta schutzhalber aushändigen müssen…oder verloren), die bei genauer nasaler Inspektion eine leicht plastilingeschwängerte Schokobrise aufgeben.

Mundhaptik: Ein Schwindel! Alles nur ein großer Schwindel! Mit fadem Knacken gibt der Reif dem Zahne nach und offenbart den Betrug: nichts als gemeine, schnöde, einfache Schokolade ist die Substanz dieser Konkatenats. Nichts weißes, nichts fluides, nichts milchig-cremig-schmelzendes, nur in seiner faden, unfrischen und leicht verhorn imponierenden Konsistenz an die Gesäßschwielen eines Schokonikolauses erinnernd, der gleich mehrere Saisonen dem Verzehr entrann, weil er im entscheidenden Moment einem von der Vereinigten Schokoladenhohlfigureninteressengemeinschaft (VSHFI) angezettelten Sitzstreik zur Erzwingung besserer Arbeitsbedingungen beihalf. Die Kongruenz der Verworfen- und Abgetragenheit seiner inneren Strukturen zu denen seines Heimatlandes ist hier augenfällig.

Geschmack: Hier endet die Übereinstimmung: denn während die italienische Küche trotz allen Elends ihrer Herkunft Nase, Gaumen und Zunge singen, tanzen und selbstbewässert frohlocken macht, würde diesen zerlöcherten Bettler im Reiche des Gustos, diesen Verräter an den Möglichkeiten des Schokoladengeschmacks, diesen fad-drögen Staubschmecker wohl selbst ein italienischer Kerkersträfling beim Essenfassen nicht in seinem Emaillenapf erdulden. Bastardo! Mamma mia, Bastardo! Was erlauben Tablò?!

Fazit: Der Berlusconi unter den Riegeln: außen braun, poliert, bizarr-chaotisch und das Blaue vom Himmel versprechend, innen hohl, verlogen und das am Äußeren weggelogene Alter schmerzhaft kenntlich werden lassend.