Die im folgenden zu testende Riegelware wurde von Jan „Stift“ E. beim Isländer erworben und mir für Begutachtungszwecke großzügig überlassen. Dafür Dank.
Was steht drauf: MED Saltkaramellubragdi
Hüftgoldfaktor: 285
Kalorien dat Stück
Erster Eindruck: Schon wieder so ein flacher Isländer, der mich
nicht nur vermittels seiner flachen Form und harten Griffhaptik sondern auch
durch die im weißen linken Eck der Verpackung buckelnde Freyja-Katze, die das,
glaubt man der Aufschrift, schon seit 1918 zu tun geruht, an den bereits
verspeisten Draumur
erinnert. Auch hier scheint die Verpackung wieder von ausgerechnet demjenigen
Designpraktikanten entworfen worden zu sein, dessen kognitive Bedingungen für
seinen Inklusionsstatus im Betrieb ihn auf die Anwendung der Windows-Paint-Version
aus dem Jahr 1983 beschränken. So kommt dann nämlich die zweifarbige weiß-ocker
geblockte Verpackung mit den unregelmäßig darauf verteilten rotumrandeten
gelben Kreisen zustande, die an einen Schauer aus entzündeten Pickeln erinnern,
so daß man diese Scheußlichkeit von
Verpackung nur aus sozial-empathischen denn aus ehrlich-ästhetischen Gründen nicht als potthäßlich bezeichnen würde.
Einigermaßen enigmatisch ist der
Name dieses Flachmanns, denn er ist eben nicht das isländische Wort für „Reis“
(das bekanntlich „hrísgrjón“ lautet), was vielleicht anhand der in der rechten Ecke der
Verpackung platzierten Riegelquerschnittsdarstellung hätte vermutet werden
können. Stattdessen bedeutet er soviel wie „Hebet hinfort!“, was ursprünglich
ein ritueller Befehl des Jarls an jene Kämpfer eines Stammes war, die jedes
Jahr zur Mittsommernacht gemäß isländischer
Sitte mißlungene Neugeborene der Natur aussetzten, was jedoch nach einem
Bedeutungswandel durch die Jahrhunderte heute in geselligen Runden im Zuge
einer Art Initiationsritus gerufen wird, um den Jüngsten am Tisch zum
Austrinken eines metgefüllten Humpens in einem Zuge aufzufordern. „Ris! Ris!
Ris! Ris!“ Was? Natürlich habe ich mir das ausgedacht!
Auch ausgepackt deutet der Anblick des
Produkts auf Kreativitätsmangel des Designazubis hin, denn auch dessen
flachhangarförmige, in 8 mit eingravierten Freyja-Katzen verzierten
Verzehreinheiten unterteilte Gestalt erinnert auffällig an Draumur, nur im
Geruch fehlt das Lakritz und ist dafür das toffee-karamellene enthalten.
Mundhaptik: Flach ist er zwar, der Riegel, dafür aber massiv und
schokodicht, was ein beherztes Zubeißen erfordert, um eine der Verzehreinheiten
abzukneifen, die dann sogleich wertige und cremige Schokolade fühlbar macht.
Bei den folgenden Kaubewegungen wird durch ein charakteristisches
Knisperknarzen das im Riegel aufbewahrte und sich als kleine,
dunkeltoffefarbene, hartleibige Kügelchen darstellende Karamell offenbar, das,
wenn erst aus seiner globulären Verweilform entbissen, sich recht harmonisch in
den gesamtmundhaptischen Eindruck eingliedert.
Geschmack: Oft bleiben ja die häufig in Riegelnaschwerk
verbauten Karamellkomponenten geschmacklich im Hintergrund, wo sie
verbreiternd, auskleidend, begleitend und hervorhebend dienstbeflissen für die
eigentlich Hauptdarstellerbestandteile wirken, so wie die
Nicht-Solo-Instrumente in einem Konzert. Hier jedoch springt einen, die
Schokolade nur als kurzes Trittbrett nutzend, ein intensiver und ungestümer Karamall-Hautgout
sofort an. Wie große Teile der isländischen Landschaft und wie die Bärte der
alten Isländer Wikinger ist dieses Karamellaroma ungezähmt, wild und
unzivilisiert, das sich als Störenfried und in die Brust geworfener brünftiger
Platzhirsch gebärdet, der provozierend langsam über die sanfte Schokolichtung
stolziert, sich von allen Seiten anschmecken und –schmachten und vor
Selbstbewußtsein strotzend uns alle seine penetrante, 13-endige Seltsamkeit
aushalten läßt.
Fazit: Drengur, Drengur!,
wie der Isländer sagen würde. So wie die Sitte, schwächliche Neugeborene der Natur
auszusetzen, von der der Isländer nur zähneknirschend zu lassen zu bewegen war,
ist Ris zu seltsam für uns Fest- und Warmlandbewohner.