Freitag, 21. Dezember 2018

Riegelverkostung – KitKat Rosa


Meiner kleinen Schwester gewidmet :)

Heute wird das Schwesterlein, die wieder einmal diesen Riegel stiftete, 40. Deshalb: ganz herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und auf die nächsten 40 (Jahre und Riegeltests ;))

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Was steht drauf:
Made with Ruby coco beans, Discover a new chocolate experience

Hüftgoldfaktor: 224 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Nun, ein rosanes Kitkat eben. Die gleiche flache Quaderform, in der Mitte der Vorderseite das bekannte Logo auf rotem Grund, eingefaßt in ein helles Rosa und im Vordergrund ein Einzelriegel der typischen Viererbatterie im - eben - ungewohnten Rosa. Man kommt allem geschärften Bewußtsein gegenüber der dreimal vermaledeiten Gendernormativität, die natürlich auch die Rollenzuordnung unschuldiger Farben auf dem Kerbholz hat, zum Trotz nicht umhin, sich zu denken: Aha, ein Kitkat für Mädchen. So fühlt man sich auch ein wenig, wie wenn man einer dieser entgenitalisierten, stromlinienförmigen und ein unrealistisches Bild vom Frauenleib verkörpernden Barbies den rosaroten Fummel auszieht, wenn man dieses Kitkat auspackt.
Im Falle meines Exemplars, das bedauerlicherweise als Folge eines Brachialsommers geschmolzen, im Herbst dann wieder erstarrt und im Zuge dessen seiner scharfen Konturen verlustig gegangen war, löste diese Enthüllung eine erhebliche kognitive Dissonanz in mir aus, denn der wie geschmolzenes Kerzenwachs aussehende Korpus mit seinen teils über ihre Grenzen getretenen und dann zusammen gelaufenen Einzelrippen, die bei unversehrten Exemplaren immer höchst ordentlich, ja penibel wirken, erzeugt einen unterschwelligen Grusel, wie wenn man mit dem Daumen ein weiches Puppenponem nach innen drückt und aus dem heiteren Kindergesicht in einem Augenblick eine asymmetrische, verzerrte Fratze wird. Dazu paßt auch der ungute Geruch geschmolzener Plastepuppen, der von diesem DING ausgeht, wenn man die Nase ganz nahe heranrückt.

Mundhaptik: Mit etwas Entschlossenheit ließ sich aus dem verbackenen Geschmölz noch immer ein Einzelriegel herausbrechen, so daß ich nicht, wie in ein Brot in das ganze Ding hinein-, sondern gepflegt vom Stangerl abbeißen konnte. Zunächst gibt es da auch keinen Unterschied zum Original: ein kurzes, nur ganz leicht abgedumpftes Knacken und dann waffelhaftes Geknusper, abgedämpft und an den Zähnen sozusagen verfugt durch das fetthaltige Schokoladengleiten. Doch dann ist da plötzlich dieses… Saure. Ich meine das (ersteinmal noch) nicht als Geschmack sondern als Gefühl. Ein alarmierendes Gefühl, das die Amygdala aktiviert und wie eine Warnung ist. Das gehört doch da nicht hin - Sowenig wie Zitronenzuckerguß auf Schokokuchen! Falsch ist das. Doch es ist da und es grinst einen hämisch an und stört und geht nicht weg.

Geschmack: Und genau dieser Eindruck des Fremdartigen, Nichtzugehörigen bildet sich dann auch im Geschmackseindruck ab. Man erkennt schon noch, daß man hier ein Kitkat ißt, es gibt da eine gewisse Vertrautheit, doch plötzlich ist da dieses Saure und springt einen an. Man sitzt bei seinem Lieblingsitaliener, wie immer am Tisch am Fenster, draußen ist es schon dunkel und man widmet sich mit Genuß den Canneloni, die niemand so gut macht wie Beppe, man kaut versonnen vor sich hin, hebt heiter den Blick schaut angelegentlich zum Fenster hinaus und da steht, wie aus dem Nichts, ganz nah und nur durch die dünne Scheibe getrennt, eine zuckende Alptraumgestalt im rosafarbenen Latexanzug. Wo das Gesicht sein sollte, ist nur eine sich windende Masse aus mit schwärenden Wunden bedeckten, rosa Tentakeln, die wie blinde Würmer über die Scheibe kriechen, Spuren rosaner Schmiere hinterlassend, die zitternd tasten, drücken, eindringen wollen, während die geifernde Gestalt mit ihren hummerscherenartigen Händen, die man selbst durch das Glas knacken und mahlen hört, in gespenstisch abgehackten Bewegungen über die Scheibe kratzt. Man bestellt dann wohl eilig die Rechnung und läßt die Canneloni unaufgegessen.

Fazit: Ist der Riegel ernst gemeint oder war das ein Halloweenstreich der Kitkat-Macher? Ich gehe jetzt ins Bett. Und lasse das Licht an.




Sonntag, 16. Dezember 2018

Riegelverkostung - Tony's Choco Lonely


Die im Folgenden zu verkostende Riegelware brachte mir mein Mütterlein von den Azoren mit. Dafür Dank.

Was steht drauf:  melk noga

Hüftgoldfaktor:  252 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck:  Eine wahrhaft irritierende Kombination disjunkter Merkmale präsentiert sich in diesem statt in Plaste in etwas, wie Packpapier imponierendes, eingeschlagene Riegel: auf knatsch-zitronengelbem Hintergrund mit limettengrüner Banderole werden augenirritierend in roten und weißen (!), wild-west-mäßig ungelenk und unordentlich wirken sollenden Lettern Schöpfer "Tony" und Schöpfung „Choco Lonely“ genannt. Und während Schrift und Farbkombination sommerlich-tropische Fruchtmischgetränke in ungezwungenem Ambiente suggerieren, verkantet sich in dieser Assoziation sofort die Idee der Einsamkeit, die sich aus dem Namen des Riegels erhebt. Ist hier die Einsamkeit des Süßen inmitten des grellen, Frisch-Sauren gemeint, das Sich-Alleinefühlen des stillen Andersartigen, der umgeben ist von all den lauten Gewöhnlichen, das unbequeme Memento Mori, das ein weltüberdrüssiger Zyniker den enthusiastischen Teilnehmern eines überbordenden Frühlingsfest im Vorbeigehen zuflüstert?
Unter dem Packpapier wird es dann noch rätselhafter. Dort wartet ein in bizarr geformte Fragmente zerteilter Barren, der so unheimlich wirkt, wie die durch nur von einem Lovecraft beschreibliche, ganz und gar widernatürliche, wahrhaft unirdische Geometrie beschworenen, unmöglichen Monolithenbauten jener äonenalten und doch zeitlosen Stadt auf dem Grund des Ozeans, in der der große Alte untot ruht und die sich wieder erheben wird, wenn die Sterne richtig stehen.

Mundhaptik: Und weil alles zusammenhängt, im großen Gefüge des Kosmos, weil wir alle eins sind in unserer Teilhabe an der Ursubstanz, aus der wir emergieren und in der wir uns in einem Wimpernschlag wieder verteilen werden, deren ewigem Wandel, Entstehen und Vergehen, wir wie die kleinsten Partikel, die nichtigsten Wellenwürfe dessen, was ist, ausgesetzt sind, gleicht das Innere von „Choco Lonely“ dem Inneren der Toblerone, die in ihrer ikonischen Form kultur- und länder- und zeiten- und götterübergreifend die Pyramide darstellt. Man kaut also auf nougatversetzter aber nicht –übersättigter, in der Zerkauung sähmiger werdenden Schokolade, zerknackst dabei gelegentlich in Honig kandierte Mandelminoritäten und wundert sich darüber genauso sehr und schaudernd, wie wenn man an den Wänden einer nigerianischen Kreidezeithöhle die Malereien eines Maorivolkes würde gefunden haben, das nie einen Fuß auf den schwarzen Kontinent gesetzt.

Geschmack: Gut schmeckt es, ein bißchen anders aber nicht schlechter als Toblerone: reichhaltig, vollmundig und schön durch seine Komponenten binnendifferenziert. Man weiß nur angeschmacks der gustatorischen Vertrautheit von Nougat, Milchschokolade und Honigmandeln nicht, ob man diesem Genuß trauen soll, der sich aus den bedrohlich asymmetrischen Schokoklotz-Gebilden erhebt, welche man aus einer grell-grausligen Papierpackung wickelte, die man eher als Innendeko in einem nach Marijuana, Caipirinha und Surfbrettwachs riechenden VW-Bully, dessen VW-Emblem durch ein Peace-Zeichen ersetzt wurde, erwarten würde, denn als Umhüllung jener düsteren, aber ungemein wohl- wenn auch nicht im mindesten zitrusfrisch schmeckenden monolithischen Reminiszenzen an jene tote Stadt, mit deren Wiederaufstieg eines finsteren Tages unser Abgesang, der Epitaph auf alles Leben und Atmen einsetzen wird.

Fazit: Es ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt. Dieser Riegel hätte Lovecraft Spaß gemacht. Und geschmeckt.




Samstag, 1. Dezember 2018

Riegelverkostung – ΓΚΟΦΡΕΤΑ ("Ngofreta")

Die im folgenden zu testende Riegelware wurde in meinem Beisein auf Kreta von Karin erworben und mir für Begutachtungszwecke großzügig überlassen. Dafür Dank.

Was steht drauf: ΣΟΚΟΛΑΤΑ ΠΑΥΛΙΔΟΥ ΥΓΕΙΑΣ; ΓΚΟΦΡΕΤΑ ME ΣΟΚΟΛΑΤΑ ΥΓΕΙΑΣ KAI KPEMA KAKAO (genau das!)

Hüftgoldfaktor: 175 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Mit seinen zahlreichen, altmodisch wirkenden Abbildungen von Münzen und dem ovalen winzigen Abbild der Akropolis (?) in der Mitte, den talarschwarzen Riegelstangen zur Rechten, das ganze auf einem Hintergrund so makellos-tiefblau wie ein kretischer Spätsommerhimmel und natürlich mit seiner kryptisch-gelehrten Beschriftung erscheint dieser Hellenenriegel höchst gehoben und orthodox. Im Geiste hört man ernste und entschieden bärtige Männer mit schweren, halbgesenkten Augenlidern und kellertiefen Baßstimmen liturgische Anrufungen in einer nur von scheidendem Abendlicht und schwarzen Kerzen beleuchteten Basilika singen.
Als ich dann behutsam die Basilikatür auf und die Riegelhülle herunterschob, vermochte ich mich eines Schmunzelns nicht zu erwehren: statt von edlem Schwarz waren die zum Vorschein kommenden beiden Stangen ganz gewöhnlich schokobraun. Zusammengebacken waren sie, abgestoßen, mit kahlen Stellen abgeplatzter Schokolade und durch Partialschmelze ihrer ehemals einheitlichen Oberfläche beraubt. Ein Schelm, wer im Innen & Außen dieses Doppelbarrens den Übergang des Griechenlands der Antike zur Moderne läse.

Mundhaptik: So wenig, wie der Grieche das Rad hat er mit diesem an und für sich nicht ungewöhnlichen und in sehr ähnlicher Machart allerorten anzutreffenden Waffel-Schokoriegel ein überraschend neues Mund- und Kauerlebnis erfunden. Doch während man so im tendentiell bei diesen Dingern ja immer eher trockenen Waffelbruch herumknautscht, der wenigstens durch die dünnen und zwischen die ingesamt vier Waffellamellen eingezogenen Kakaocremeblätter etwas aufgelockert und beigeschmiert wird, versteht man plötzlich und überkommt einen ganz notwendig eine gewisse Rührung. Es ist diese Normalität, diese unprekäre Nonextremis in diesem braven, einfachen Waffelgenäsch, die sich die Griechen in ihrem gesegnet schönen aber ach so gebeutelten Land so sehr und inniglich wünschen. Diese stolzen Leute, deren ferne Vorfahren so unermeßlich viel geleistet, kriechen und buckeln jetzt schon so lange im Schatten des Euros, der das Land der Griechen floh, nachdem er die Drachme gemeuchelt, daß ihre Augen trüb sind, die Rücken rund, die Knie  wund. Und das Zerknuspern der Waffeln aus den ramponierten Stangen flüstert mir die Sehnsucht nach Normalität zu.

Geschmack: Und wenn man sich darauf einläßt, dem Flüstern folgt, tut der Horizont sich auf und wird der Blick weit. Über dem zuerst noch kleinen, hundsgewöhnlichen Geschmäcklein den diese Alltagskombination von Schoko und Waffel normalerweise bieten kann, spannt sich mit fortschreitendem Kau- und enzymatischem Aufschlußprozess allmählich ein Geschmacksbaldachin über einem auf, wo sich wie am Nachthimmel über dem Peloponnes gar viel entdecken läßt. Plötzlich ist da ein Aroma wie von Mokka, etwas Röstartiges, das die zuvor nur minderkomplex wahrnehmbare Süße aufnimmt, differenziert und kompartimentiert, so daß man Waffeliges und Schokoladiges nun getrennt aber zusammenklingend wie Bratsche und Gambe in einem Quintakkord wahrnimmt, dazu kommt eine sekundäre aber unleugbare Bitternote, die wunderbar abrundet und kontrapunktiert. Und mit dem letzten Bissen endet die Epiphanie, das Licht geht an und die Basilikapforte schließt sich wieder.

Fazit: Man muß Geduld haben, mit diesem Riegel. Und mit den Griechen. Per aspera ad astra…




Samstag, 10. November 2018

Riegelverkostung - Symphony

Diese Riegelware wurde mir von der werten Tovaritsch Galinskarovskajowitsch zur Verkostung zur Verfügung gestellt. Dafür Dank.

Was steht drauf: Creamy Milk Chocolate; Almond & Toffee Chips

Hüftgoldfaktor: 220 Kalorien dat Stück.

Erster Eindruck: Ein an Notenpapier erinnerndes Linienmuster auf pergamentfarbenem Untergrund auf einer Riegelverpackung kommt mir irgendwie bekannt vor. Allein, hier sind die Linien gerader und kann ich wenigstens den auf mich als Freund dieser musikalischen Gattung äußerst sympathischen und in augengefälliger Schrift gesetzten Namen lesen. Es wird uns also bei bewußt schlicht gehaltener Ummantelung, bei selbstbewußtem Understatement in der Annonce ein wahrhaft symphonisches Geschmackserlebnis angekündigt, ein wohlmundendes Zusammentreten schokoladiger, mandeliger und toffeesker Bestandteile, die im Sichergänzen größer und reicher werden, als die Summe ihrer Einzelkomponenten.
Und sollte man auf der Verpackung den Hinweis auf den Hersteller dieses musischen Barrens übersehen haben, wetzt ein unübersehbares Relief aus Großbuchstaben in der leicht konkaven Oberfläche desselben diese Scharte aus und gibt eindrücklichst zu verstehen, daß es sich dabei um niemand anderen als HERSHEY handelt.
Unter der milchschokobraunen Hülle riecht man auch schon allerhand Andeutungen des sich bald geschmacklich zu Entfaltenden, so als lausche man ganz dicht am Vorhang vor dem Orchestergraben dem Stimmen der Instrumente, das zwar noch nicht recht harmonisch aber in seinem ureigenen Klang ungemein spannend und vorfreudig tönt.

Mundhaptik: Ein kurzer Wirbel auf der Pauke leitet den ersten Satz, ein kurzes Knacken den ersten Bissen ein. Dann setzten schnarrend und brummend die Celli und Kontrabässe ein, dazu reiben sich ein paar Bratschen ein, während Symphony im Mund seinen Kau-Lauf nimmt und man sofort nach dem Abbiß knackende Mandelhälften und honigklebrige knacksenden Toffeespindeln gewärtigt, die zerrieben und zerscharrt werdend mit dem Schmelz der zergehenden Milchschokolade wie in einem Bett, einer gemütlichen Lade aus crescendierend-wabernden Violinen sich vermengen und schließlich verbinden. Frohgemut kaut man vor sich hin und ein Banause wäre, wessen Kiefer nicht  unwillkürlich in den gemütlichen Takt von Haydns Hunderterster, 2. Satz einfielen.

Geschmack: Wie eine Haydn-Sinfonie ist auch dieser Geschmack nicht unbedingt das, was man als "frisch" bezeichnen würde (was auch dadurch mitbedingt sein könnte, daß mein Riegelexemplar sein 'best before' im Februar 2017 überschritten hatte), allein das etwas angestaubte, antiquierte einer schweren, antiken Standuhr aus dunklem Holz mit großem Messingpendel paßt hier ganz vorzüglich ins Gesamtbild. "Symphony" mit seiner leicht angelaufen wirkenden schokoladenen Süße, dem Karamelligen, dem Honigunterton und den betagten Mandeln schmeckt, wie ein Herbstnachmittag in Großvaters gemütlicher, stets etwas zu dunklen Stube mit den alten Möbel, den dicken Vorhängen, die ein kleines bißchen muffig nach den eigentlich verbotenen Zigarren riechen und der gemächlich tickenden Uhr. Und wenn er dann eine Schellackplatte mit Haydn auf den steinalten, immer ein wenig rauschenden Grundig-Plattenspieler auflegte, während man die archaischen, aber herrlich süßen und aneinanderklebenden Karamellbonbons aus der braunen Holzdose, die ihm sein eigener Opa geschnitzt hat, lutschteund seinen Geschichten lauschte und sich fragte, wie alt er eigentlich ist und in kindlicher Bezugsgrößenlosigkeit "bestimmt 100!" schätzte, hatte man schon eine ganz präzise Vorstellung vom Geschmack dieses Riegels, der erst Jahrzehnte später in den eigenen Mund finden sollte.

Fazit: Nostalgie und Symphony. Ein Riegel, der einen auf eine behagliche Reise in gute alte Zeiten schickt, in denen alles langsamer, einfacher und süßer war.



Donnerstag, 13. September 2018

Riegelverkostung – Ovomaltine


Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)


Was steht drauf: crisp müesli snack; Ballaststoffquelle, Neu, Hergestellt in *Schweizerflagge*


Hüftgoldfaktor: 105 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Da liegt er also, das riegelgewordene Après-Ski-Getränk meiner Kindheit, im selben signalorange mit weißumrandetem blauen Namenszug, wie es mir seit jener Zeit von den Einportionsbeutelchen urvertraut ist, die man aufreißen und deren braunen aber nicht kakaobraunen Inhalt man wie Pulverschnee in eine Tasse heißer Milch rühren mußte. Klein und leicht ist dieses Naschwerk, oder vielleicht nur sparsam? Auf der Riegelhülle ist der Riegel schon abgebildet, wie er, wie es scheint, krachend in der Mitte durchgebrochen wird, ein Schokoladenflöz eingefaßt von zwei Müsliplatten.
So ähnlich sieht er auch aus, wenn man ihm den orangenen Overall abgestreift hat, nur bunter und mosaikhafter noch sind die Müsliplatten, als in der Vorschau. Es sieht aus wie ein sehr alter, sehr benutzter Wohnzimmerkurzflorteppich aus einer Engadiner Skihütte aus den 70ern, auf dem sich Hunde gewälzt, Katzen gekratzt, Kinder gespielt, Adoleszente bröselnd Knusperkram verzehrt und inebriierte Halbstarke ihre dunklen Honigbiere verkleckert haben und der nie gesaugt wurde. Ein Teppich voller Farben, Dinge und Erinnerungen, die mit der Zeit in seine Substanz eingegangen, in ihm verewigt und mit ihm eins geworden sind. Und so riecht der Riegel auch: er gibt ein amalgamiertes Aroma frei, das warm und süßlich, malzig-holzig, kernig-röstig und eben wie nach zu Hause riecht.

Mundhaptik: Und in genau so einen Teppich beißt man auch hinein: wie die Fasern und Flor vom süßen Bier sind hier die Knuspereinheiten und Cerealspheroiden der Müslischicht durch Melasse oder Honig miteinander verbacken und verklebt und zäh nur gibt der Riegel einen Bissen preis, den man aufwendig niederkauen muß, wobei all die kleinen Krümelchen und Fragmentchen, die sich darin versammelt hatten, freigesetzt werden und an und zwischen den Zähnen kleben und sich die Schokolade im Inneren haptisch kaum bemerkbar macht.

Geschmack: Aber, das schmeckt ja nur wie ein hundsgewöhnlicher Müsliriegel! Welche Enttäuschung! Mit geschlossenen Augen schmeckte ich genußbereit und nostalgisch der malzigen Herrlichkeit meiner rotwangigen Kinderskitage entgegen und bekam statt dessen den überaus gewöhnlichen, weltlichen Geschmack eines „yet another“-Müsliriegels, den ich genausogut anne Tanke in Hürth-Kalscheuren hätte kaufen können. Um es klarzustellen: Es schmeckt ja nicht schlecht aber eben doch beliebig, vielleicht mit einem winzigen Tick Malzaroma und kaum Schokolade. Doch wo ist die Magie? Wo ist das Labende, das Stärkende, das Wiederaufwärmende, wo ist das knarzig-malzige des unverständlich brabbelnden, wildbärtigen Skiliftopas mit dem Zigarrenstummel, wo ist der Trost, wo die innere Einkehr, wo Vergebung, wo Heimat, wo die Gewißheit, daß alles gut wird, wo ist die Jugend und wo die Zukunft… doch ich schweife ab….

Fazit: Schmeckt wie ein Müsliriegel, der einen kennt, der von einem gehört hat, dessen Schwager irgendwo gelesen hat, wie Ovomaltine schmeckt.




Samstag, 1. September 2018

Riegelverkostung - Ragusa Classique

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Schokolade-Riegel mit Praliné-Füllung und ganzen Haselnüssen

Hüftgoldfaktor: 288 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Hier habe ich etwas geheimes, verborgenes. "Ragusa" klingt wie der Name einer vergessenen Inkagötzin zweifelhaften Charakters, deren düsteren, verfallenen, moosbedeckten Tempel, halb in einem See versunken, man finden könnte, nachdem man sich wochenlang macheteschwingend durch unerkundete Urwälder im Osten Perus würde gekämpft haben. Und um für einen solchen Marsch, dem geflüsterten Namen der Göttin, den man monatelang in fiebrigen Träumen gehört, folgend, gerüstet und genährt zu sein, braucht man diesen Riegel. Unter seinem schräg aufsteigend  weiß auf tiefem Braun gedruckten, goldumrandeten Namen, der Anstiege über schneebedeckte, sonnenüberflutete Gipfel, die sich über tückischen Mooren erheben, andeutet, steht treu und verläßlich nur das Schweizer Wimpelchen, das einem noch Halt gibt. Und auch das getreue und sich zur Rechten der Verpackung hin wie ein Sonnenaufgang aufhellende Orange, in dem ein ziseliert-französisiertes "Classique" schwebt, gibt wie ein erschöpfter Blick gen Himmel Hoffnung und Heimat, im Geist erklingt "Komm, süßer Tod", gespielt auf der Wanamaker-Orgel.

Ragusa verbrigt sein Geheimnis denn auch im Tempelpendant einer edlen Faltschachtel aus hochwertig bedruckter Pappe. Darin ruht ausgestreckt, wie in einem Mausoleum, statt in silberbesticktes Brokat in ein eng an den schlanken Quaderlaib angeschmiegtes Kleid von Aluminium, des Riegels Korpus, der, davon befreit, sogleich den schweren, weichen, dunklen Geruch feisten, schokoladengefaßten Nougats freisetzt, denn der Riegel ist nur halbbedeckt oder seitlich schon eröffnet, längs zerteilet wie von scharfen Lanzen, wird dieser Leib gezeigt wie in Monstranzen, vor dem man einstens tief ins Knieen glitt: wer ihn nur sieht der sättigt sich damit. 

Mundhaptik:  Ragusa greift mir in den Mund und füllt ihn an mit sich; weich und lockend, mächtig aber auch und schwer, zergeht, verdrängt, schmiegt sie sich ein und verlangsamt alles, indem sie sogleich zerschmilzt. So aufwendig bei gleichzeitiger Minderkomplexität ist diese Haptik, daß mich das Prozessieren derselben so in Beschlag nimmt, daß ich nicht einmal sicher bin, ob ich diese Vereinnahmung transzendierend oder aufdringlich finde. Nur gleichgültig, soviel weiß ich, ist sie nicht.

Geschmack: Wie in den Nächten schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit, fällt man in diesen Geschmack. Wir alle fallen ja, nur nicht Ragusa, welche dieses Fallen unendlich satt in ihren Händen hält. Man schwebt hier orientierungslos in einer großsüßen Geschmakssingularität, in einer Mächtigkeit, einer hermetischen Eindeutigkeit aus Schokonougat, über deren supernovalen Ereignishorizont die schweifhaften Anschmecksel der vereinzelten Haselnusskometen, die in die dunkle Unergründlichkeit dieser übersättigten Verdichtung geworfen sind, nicht hinauszuwirken vermögen.

Fazit: Ein Riegel, wie eine Immersion im dunkelsten und geheimsten Ritual eines unaussprechlichen Kults zum Höllensturz des Hungers, wonach man, je nach Neigung, einen Exorzismus oder einen Kelch voll Opferblut benötigt.






Freitag, 22. Juni 2018

Riegelverkostung - Payday

Diese Riegelware wurde mir von der werten Tovaritsch Galinskarovskajowitsch zur Verkostung zur Verfügung gestellt. Dafür Dank. Auch wird zu prüfen sein, ob und was mir dazu - nach 5 Jahren - Neues einfällt

Was steht drauf: Peanut Caramel Bar

Hüftgoldfaktor: 240 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Naja, einen ersten Eindruck hatte ich ja schon, doch heute trotze ich mir etwas mehr als die damaligen mageren Worte ab. Denn wenn man Payday, und dann auch noch an einem Friday wie heute, wann man nicht nur bester Laune sondern bekanntlich auch wieder Payday ist, da so liegen sieht, erschließt sich einem sofort, worum es hier geht: es gibt keine Schokolade (ob man nun Arme hat oder nicht), sondern eine Abrechnung! Payday, payback einerlei, die dicken rotorangenen Lettern auf weißem Grund kündigen blutige, entschlossene und endgültige Vergeltung an. Und die finale Verfolgungsjagd dessen, an dem der Protagonist, der sich mit Payday dafür zu stärken hat, Rache nehmen muß, findet auf Skiern statt, durch den Schnee, der so weiß ist, wie Paydays Hülle: der Mann in Rot floh durch den Schnee und der Payday-Rächer folgte ihm. So oder so ähnlich könnte ein Roman beginnen ;)
Aus seiner Tunika geschlagen offenbart sich ein beiger Barren, der wie erstarrtes Toffee oder Karamell imponiert, das in einem Bad aus halben Erdnüssen zu Ruhe und endgültiger Form kam. Ohne eine gewohnte Schokoladenhüllschicht wirkt er nackt, unwirklich, bloßgestellt, wie gehäutet. Er sieht aus wie eine naschwerkgewordene Allegorie auf den Weg der Rache: lang und holprig, voller Unwegsamkeiten und Enstellungen und mit abruptem Ende.

Mundhaptik: Mein damaliges Erlebnis wiederholt sich: es quietscht tatsächlich an den Zähnen beim Abbeißen. Dieses Geräusch, gepaart mit der Zähheit der sich bei Abbiß darstellenden alttoffeebedingt ledrigen Kaumasse macht deutlich, daß der Rächer vor nichts haltmacht, daß er sich mit Zähnen und Klauen durch alle Widerstände und Hindernisse, die zwischen ihm und seinem Ziel stehen, kämpfen wird. Trocken und widerspenstig kaut sich das hier, eine unfrohe aber verbissene Entschlossenheit, die Sache zu Ende zu bringen, stellt sich ein. Staubiges, dröges Toffee wird zerquetscht, Nüsse werden zermalmt… durchhalten, irgendwann wird es doch nach irgendwas schmecken…

Geschmack: Rache sei süß, so sagt der Herr V. Olksmund, Payday ist es nur bedingt und vor allem am Anfang nicht. Zunächst ist da gar nichts, schmeckt man nur das Äquivalent eines Testbilds. Dann zieht langsam und zunächst nur eine Salzigkeit der Nüsse auf, die im Mund bitzelt wie Schweiß in Augen und Wunden. Und erst wenn man sich durchgebissen, durchgehalten, beharrt hat, gibt das wie in einer Dauerform in sich eingeschlossene Toffee, nachdem der an es anbrandende Speichel ihm ausreichend zugesetzt hat, widerwillig und zögerlich eine kleine, zurückhaltende, reduzierte Süße frei, die arm ist wie eine Enttäuschung.

Fazit: Ein Riegel als Lehrstück, als Parabel auf die Untugend der Rache und eine Warnung davor, sein Leben der Suche nach Vergeltung zu verschreiben, da man nach vollbrachter Tat feststellen wird, daß salzige, schale Leere,  alles ist, was bleibt. Das und Erdnüsse.







Samstag, 9. Juni 2018

Riegelverkostung - La Branche Originale

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Praliné überzogen mit Milchschokolade und Haselnüssen - Cailler of Switzerland

Hüftgoldfaktor: 251 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Entschuldigung, aber ich kann nicht anders, denn mein Französisch reicht aus, um den Hinweis zu verstehen: der Schriftzug mit dem Riegelnamen "branche originale" bedeutet: "Original-Arm", geschrieben in einer ungelenk wirkenden, klecksigen Schrift, wie sie mit vom Tode seines, des Armes, einstmaligen Besitzers noch klammen, steifen Fingern Frankensteins Geschöpf, für dessen Vollendung er diesen Original-Arm brauchte, schreiben würde. Dazu die metallisch-elektrisch blaue Hülle mit den beiden blitzsilbrigen Enden, die sofort an jenen (un)lebenspendenden Urfunken aus den tobenden Firmamenten denken läßt, den der Doktor entlang eines kunstvoll gelegten Leiters in jene Kreatur herabrief, der sie animierte und in ihr berüchtigtes und tragisches Dasein erweckte.
Unter der nach überaus unsachgemäßer und hyperthermer Lagerung (-was in voller Gänze mir selbst zuzuschreiben ist -) anpappenden Hülle kommt ein hellbrauner, knorrig und wegen des seine Oberfläche unregelmäßig durchstechenden Haselnußbruchs stollig wirkender, schlanker eher Finger oder Zweig als Arm zum Vorschein, der sogleich ein schokoladiges mit der typisch-stickigen Nougatkomponente angereichertes Aroma zur Wahrnehmung stellt. Angesichts der ausgemergelten, unfrischen Erscheinung dieses Ärmchens denkt man natürlich sofort an die mißliche und schlecht organisierte Situiertheit des illegalen Organhandels zum Zwecke prometheischer Todestransszendenz-Experimentalistik im 19. Jahrhundert und umso mehr wundert es einen, daß es Frankenstein, diesem Tausendsassa, tatsächlich gelungen ist.

Mundhaptik: Oha, was haben wir denn da? Steif, mit weicher Oberfläche, warm und hier und da eckig vom Nußholz fühlt sich ein Bissen des Originalarms an. Sofort stellt sich die Assoziation einer fremden, tauben Zunge, die schwer im eigenen Munde liegt ein. So muß es der Kreatur ergangen sein, als der künstliche Lebensfunke ihr die ersten Regungen in die schlotternden Glieder getrieben, das Licht seines Bewußtseins entzunden hatte und es, die fremde Zunge im fremden Munde noch ungestüm hin- und her und gegen fremde Zähne werfend, an den ersten lallenden Worten, am ersten "Wer bin ich?" würgte. Zerbeißt, zerdrückt und verspeist man den Bissen, klammert sich der Brei, die Creme, der Film, zu dem er wird, noch lange an Gaumen, Zunge und Rachen fest, wie eine totenstarre Hand, die nicht loslassen kann.

Geschmack: Groß und mächtig türmt sich der auf kleinsten Raum verdichtete, ja eingesperrte Geschmack dieses Riegels vor einem auf, in seiner schokoladen-nougatären Intensität nahezu überwältigend. Man läuft vor eine Wand aus Geschmack, an der sich zu orientieren man den Kopf in den Nacken legen muß, so hoch ist sie. Und doch ist da ganz in der Tiefe dieses Geschmacksgedröhnes etwas Mildes, etwas Sanftes ja fast Zartes, wie im tiefgekränkten Herzen jener riesenhaften, kolossalen Kreatur, die zur Einsamkeit verurteilt keinen Trost und kein Erkennen unter den Menschen fand. Solange man diesen Geschmack in sich hat, muß man stille stehn, innehalten, schmecken und nur schmecken und ihn, wie einen langsam mit schweren Schritten schreitenden Giganten an sich vorbeiziehen lassen. Wir schmecken ihn, doch er bemerkt uns nicht.

Fazit: Uff. Mächtig. Dieser Riegel hätte Prometheus genug Kraft gegeben, sich von seinem Felsen loszureißen. Nur für die ganz Hungrigen, die vom Tode auferstehen.




Freitag, 1. Juni 2018

Riegelverkostung - Minor

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Original. Schokoladen-Confiserie mit gerösteten Haselnuss-Splittern.

Hüftgoldfaktor: man schweigt sich aus...

Erster Eindruck: Ein Riegel mit Minderwertigkeitskomplex? Schmal liegt er da, hart und ganz fest in sich gespannt, wie ein kauerndes kleines Tier, das man in eine Ecke gedrängt hat. In unauffälliges Grün gehüllt, das an TypeONegative erinnert, mit altmodischem Silberstreifen, auf dem in einem penibel und überkommen wirkenden Schriftkasten das eine Wort steht, das alles sagt: "Minor". Der Minderjährige, der Kleine, der, der weniger ist, der weniger bedeutet. Doch "Minor" bezeichnet auch das schönste Tongeschlecht: Moll. Melancholisch, in sich gekehrt ja versunken, desinteressiert am äußeren Eindruck, sparsam im Ausdruck, streng und verweigernd und doch an sich selbst genug.
Eng und fest schmiegt sich dieser Riegel in seine Hülle, die man nur durch entschlossenen Zug aufzuheben vermag, darunter liegt ein unscheinbarer, mattbrauner Barren, stumpf, ohne Verzierungen, ohne Wellen, ohne Tollen. Wie roh behauen imponiert er, wie naturbelassen, mit hellen Haselnußaugen, die wie Wirbel sind im Stein. Dazu paßt, daß sich sogar noch vor den ambientären Schokoladengeruch, den der Riegel verströmt, eine kräftig-holzige Nußader drängt.

Mundhaptik: Weich wie Nougat - dem harten Anschein trotzend - gibt der Riegel nach, wenn man zubeißt. Doch sofort knirscht und birst es auch am Zahn, wenn er auf die allgegenwärtigen Einnussungen trifft: 

So schweben sie in des Riegels Basalte
wie ein noch ungefundenes Metall!
Ehrfürchtig füll'n sie seine Felsenfalte,
und ihre Härte fühl ich überall.

Dieses Stück muß man langsam kauen, zergehen lassen wie einen Funeral-Doom-Akkord, der kriecht und sich wälzt und sich schleppt, während alles in der Dunkelheit des Mundes vermengt, verschmolzen wird: Schokolade, Nougat, Nüsse, und nur eine angenehm zähe, widerständige Masse bleibt: der zermalmte Rest der alles ist, was bleibt, so wie von uns allen, vom Kosmos, dereinst nur zermalmter Reste bleiben werden... wir alle fallen. Und es ist die Unausweichlichkeit, die Gewißheit des Untergangs, die die Minor-Melancholie süß und seine Mundhaptik so schmerzlich angenehm macht.

Geschmack: Das ist ein Riegel für den Winter (und man sollte ihn nicht, wie ich, im Sommer essen). Groß und düster, samtig, schwer und schmiegend ist der Geschmack, unfrisch und warm wie ein Pelzmantel. Breit und heimelig schmeckt das Nougat, darein sich die Röstaromen der Haselnussfragmente eintragen. Die dunkle, weiche Umarmung dieses Geschmacks trägt Melancholie in sich und Endlichkeit, wie die verglimmende Röte und Wärme der Glut der zu Asche gewordenen Scheite eines Holzfeuers, das im Schnee eines tiefgrünen Winterwaldes langsam herabgebrannt ist.

Fazit: Ein Riegel für das Ende der Tage, an dem man das Ende der Dinge erwartet und das Endenmüssen akzeptiert hat.




Freitag, 13. April 2018

Riegelverkostung – Chokito

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Mit Knusperreis – Avec du riz soufflé

Hüftgoldfaktor: 201 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Ein Schelm, wer da nicht an spielerisch erotisierte Asphyxiophilie dächte, offensichtlicher geht es wohl kaum, der Name deutet es ja schon an: Chokito als Verschmelzung aus dem englischen „choke“ mit spanischem Verniedlichungs-ito. Darüber das knallrote kußmundförmige Nestlé-Logo, darunter die Information über die Beimengung von Reis, der allerdings g’schamig-politisch-korrekt als „Knusper-“ denn als, nun, Reis aus jenen halbweltlichen Etablissements für kommerzielle Genitalrhythmuskoordination bezeichnet wird, obgleich natürlich jeder weiß, was hier wirklich gemeint ist. Zu allem Überfluß windet sich dann noch von unten links aus dem Nichts kommend ein wollüstig-würgewütiger karamellgelber und „knusper“reisbesaugnapfter Tentakel hinter dem Chokito-Schriftzug entlang und durchbohrt diesen neckisch und genau durch das erste „o“. Daß Nestlé endlich mit Chokitos gewagt-verschrobener Erotik in seiner spöttisch signalwestenorangenen Umhüllung der Fa. Wander den ovomaltinenen Schneid bei den Schweizern abkaufen will, dürfte auf der Hand liegen.
Ohne seine grelle Pelle dampft der Charme dieses pockigen Schlawiners etwas ein, denn die durch einen dünnen Schokoguß über die gesamte Riegeloberfläche fixierten „knusper“reisigen Warzoiden verleihen dem präprandial-erotisierten Erwartungsknistern eine beunruhigend venerologische Tingierung, die durch den Geruch Chokitos nicht gerade verbessert wird, erinnert er doch unzweideutig an den der Auskeuchungen aus ihren Ventilen jener inflatiblen PVC-Damen, die sie hervorbringen müßssen, wenn man sie nach gehabter Nutzung in kommodere Maße zurückwringt. Dennoch: ich bin nicht ungespannt.

Mundhaptik: Naja. Allen asphyxiogenen Andeutungen zum Trotz schnürt sich einem die Kehle hier wahrlich nicht zu, noch stockt der Atem und auch die Luft bleibt nicht weg, höchstens die Lust. Das kurze und schnellvergängliche Knistern des „Knusper“reises ist genau so schnell zerkaut und im allerweltszähkaramelligen Toffeegehabe der Hauptfüllkomponente Chokitos abgesoffen, wie es zur Ernüchterung kommt, nachdem eine jener grell bemalten und nicht mehr taufrischen Satisfaktionsbeauftragten mit Penetrationshintergrund die vorab streng und rein geschäftlich ausgehandelten Handgriffe und sonstigen Verrichtungen abgearbeitet und unmittelbar danach zur Beendigung der räumlichen Gemeinschaft ermuntert hat.

Geschmack: Wie würden Sie denn schmecken, wenn Sie für ein paar Monate in der „stummen Ursel“ gesteckt hätten? Bestimmt nicht minder plastinär als unser genoppter Verzehrauftrag hier. „Knusper“reis schmeckt ja in der Regel sowieso nach nichts, es bleibt also ein Karamellkern in Schokohülle, der aber nurmehr durch eine immanente schiere basale Süße kenntlich wird, weil seine komplexeren Aromen im tiefen Schlund jener übermächtigen plastinös-vinylenen Schlauchhaftigkeit, jener ethylen-gummierten Polymerschmelze, jenem bituminösen Weichmacherphtalat versackt sind! Schmölze und verquickte man einen Scheffel braunen Zuckers, reichlich Styropor, die in Knallfolie gewickelte Polyester-Perücke von Theo Lingen, einen Polyurethan-Vibrator und eine Tafel Trumpf-Schokolade, so schmeckte diese Mischung nicht anderes als Chokito.

Fazit: ein Riegel wie eine Nacht voll französischer Küsse im Gummipuppen-Bordell. 




Freitag, 6. April 2018

Riegelverkostung – Tronky Nocciola


Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Christopher N. und wurde von ihm höchstselbst aus dem ulkigen Nachbarstaat im Süden importiert. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Wafer con ripieno cremoso al cacao e nocciole

Hüftgoldfaktor: 99 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Wie niedlich, dieses vertiable Leichtgewicht von einem Kleinriegel, der noch dazu einen zugleich albernen und niedlich-plump klingenden Namen trägt, so wie ein vergleichsweise ungroßes weil noch adoleszentes, tollpatschiges Elefäntchen als Hauptdarsteller in einem jener gruseligen trubulent-rührenden Zeichentrickabenteuer für die ganze Familie, in dem es durch seine arglose Unbeholfenheit und Neigung zu Tagträumereien immer wieder in mit klassische Musik imitierender nervend-heiterer Filmmusik unterlegte haar- bzw. borstensträubende Abenteuer und sonstige Schwulitäten gerät. Auf der in der Hauptsache roten, wertig glatt-glänzenden Verpackung findet sich eine comichafte Abbildung Tronkys nebst einer klischeehaften Darstellung von Haselnüssen mit Blattgrün.
Dank der servicebewußterweise angebrachten Aufreißlasche gelangt man schnell zum Inhalt der Packung, der bei Inaugenscheinnahme sofort die Assoziation vom ulkigen Kleinpachydermer zerstört, wenn man mit ihm einen mit okkulten Runen und Gravuren bedeckten und auch noch haselnußholzfarbenen Waffelsarg herauszieht: denn genau wie eine jener Kisten, mit flacher Lade und hochgewölbtem Deckel mit coupierten Schrägenden zur längerfristigen, subterranen Verstauung thermodymanisch equilibrierter Herrschaften sieht der nackte Tronky aus. Und ebenso hermetisch wie sein Erdmöbelpedant seine modernden Gebeine verschließt jener jeden Geruch von Schokolade in sich und gibt lediglich einen waffeltypischen Süßodeur frei.

Mundhaptik: Leider fügt sich die Mundhaptik in ihrer Phänomenologie der sarkophagistischen Assoziation bündig ein: Tronky ißt sich exakt so, als knabbere man an eines in Mumifikation befindlichen Verstorbenen Finger! Die trockene papyrusartige Waffelhülle entspricht dabei der im Wüstenklima exsicierten Pergamenthaut, das auf beunruhigende Weise undifferenziert Weiche des Inneren dem inzwischen durch Autolyse und allgemeine Zersetzung schwammig aber bei simultaner Dehydrierung nicht zerfließlich gewordenen Gewebe. Die zwischen den Zähnen knackenden Nußstückchen erinnern, ich bedaure, dies unbeschönigt so sagen zu müssen, unweigerlich an einen morschen, porösen, ins Fleisch eingebetteten Fingerknochen. So sehr diese Mundhaptik postmortale-Anthropophagie-Aficionados zu Begeisterungsstürmen hinreißen mag, so deutlich muß doch mein Hinweis ausfallen, daß man „special interest“ auch übertreiben kann und so ein Zungenkuß mit Ramses dem II, wie er schon lange weder leibt noch lebt, nicht Jedesessers Sache ist.

Geschmack: Kaum schließt man die Augen während man noch die Reste altägyptischer Potentaten im Munde zermahlt, versetzt einen der verblichen, schwach und erodiert wirkende Geschmack Tronkys in fernste Vergangenheit. So muß das harte, trockene, ganz leicht gesüßte Protobrot steineschleppender Pyramidensklaven, so die staubigen, mit Sirup benetzten Bandagen geschmeckt haben, die sich die ägyptischen Balsamierer vor Mund und Nase banden, um den Gestank ihres in Grabkammern ausgeübten Handwerks zu übertünchen, wenn sie die Bälge ihrer toten Herrscher in die Kanopen leerten: Tronky schmeckt alt, gewesen, vergangen, in der Zeit verloren, so, als sei sein Geschmack seine Rache für die  Störung, die darin lag ihn zu verspeisen.

Fazit: Ein Riegel wie ein Fluch des Pharaos. Ist Mumienschändung eigentlich strafbar?

 
 

Montag, 2. April 2018

Riegelverkostung - Torino

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Lait - Feiner Schweizer Milchschokoladenstengel mit Haselnuss- und Mandelcreme-Füllung

Hüftgoldfaktor: desisch nicccht so wicchtik, odrrr?

Erster Eindruck: Schon wieder ein Schweizer Stängerli und schon wieder im Armeemesser-Rot mit einem kleinen Fähnli auf der Umhüllung? Durch Phantasie bei der Hüllengestaltung brillieren sie ja nicht gerade, die eidgenössischen Schokoriegelanten, und diesem hat man gar nur ein hauchdünnes, fimschiges Mäntlein aus gewalztem und etwas unwertig knisterndem Aluminium umgetan. Drauf findet sich selbstbewußt der wohlstandsgoldumrandete Namenszug, der einen innerlich im Schatten der endlosen Arkadengänge jener bulligen Schönheit im Nordwesten Italiens wandeln läßt.
Schlägt man ihn aus seinem armen roten Talmi-Deckchen, kommt ein langer aber doch massiver, schlanker aber doch schwerer, ganz glatter und wie zur Obacht mahnender Schokoladenfinger zum Vorschein, der gemahnt, daß man es hier gar nicht nötig hat, durch kokette Verzierungen, jene wohlbekannten Wellen und Ziselierungen anderer und eben geringerer Riegel Oberflächen, von der Ausschließlichkeit des zu Erwartenden abzulenken. Nicht minder souverän schickt Torino einem auch eine olfaktorische Botschaft von reicher Schokolade, nuß- und mandelschwerer Fracht entgegen. All dies suggeriert ein so bewußtes Understatement, daß es ein zu erwartendendes Overstatement im Balderschmeckten nicht deutlicher ankündigen könnte.

Mundhaptik: Herrlich. Als stecke der geschickteste Uhrmacher seiner Majestät der Königin der Feen seinen schlanken Finger in feinsten Handschuhen aus Sammet und Elbenhaar uns behutsam und zärtlich in den wollüstig offenen Mund und streiche, gleite und kose damit inniglich uns'ren Gaumen, Zunge, Wangen und Rachen, wohlige, wonnige Schauer auslösend. Hier gelingt das seltene Kunststück, eine gänzlich homogene dick-pastöse Riegelfüllung nicht feist-bräsig, nicht pappig, schmierig oder aufdringlich sondern einfach nur balsamig-sanft und schmiegend-cremig sein zu lassen. Die mundhaptische Entsprechung einer Massage mit warmem Öl unter kundigsten Händen.

Geschmack: Mmmmhhhh.... für einen Moment nur läßt diese dunkelbraune Herrlichkeit, dieses aus den Herzen von Haselnüssen und Mandeln kondensierte Opiat, den mit geschlossenen Augen Kauenden alle Sorgen vergessen in einer Innigkeit und Süße, als werde im selbstvergessen schmeckend-schwelgenden Munde das Adagio aus Bruchs 1. Violinkonzert aufgeführt. Mit anderen Worten:
Er hat sich so unendlich klein begonnen
an jenem Tag, da ich mit ihm begann, -
ist dann im Mund gereift wie unter Sonnen
wobei sich sein Geschmack erst ganz entspann,
dass er in Menschenkindern voller Wonnen
sich ruhend jetzt vollenden kann:

Für kurze Zeit erlöst Geschmack den Kranken von seinem Leid. Und hebt die Augen dem Betrübten über alle Traurigkeit. Und dem Verzweifelten, der ohne Trost und ohne Hoffnung ist, schenkt dieses Schmecken doch Vergessen, wenigstens für kurze Frist. Nimmt alle Last für nur Momente, die schwer auf uns‘ren Schultern ruht: Alles ist gut, alles ist gut.

Fazit: Die mönchisch bescheidene Aufmachung dieses Prachtstücks von Schokoriegel ist nur ein tremulierter Septakkord, der sich in einer überwältigenden Kadenz von Wohlsein und Wohlgeschmack entlädt. Danke.





Samstag, 3. März 2018

Riegelverkostung - Tabló? Perugina?

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Christopher N. und wurde von ihm höchstselbst aus dem ulkigen Nachbarstaat im Süden importiert. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Latte cremoso

Hüftgoldfaktor: 160 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Kaos italiano! Man darf sich, angesichts der unordentlichen Vielfalt der Entitäten und Botschaften auf der sommerhimmelblauen, persenninghaften Umhüllung dieses Naschwerks nicht einmal seines Namens sicher sein. Ist er nun „Perugina“? Oder „Tablò“ und was hat die „Latte cremoso“ damit zu schaffen? Und was der offenbar erst 1907 eingetroffene (?) Pegasus und was die Stadt Perugia? Und erwarten einen im Inneren wirklich jene abgebildeten dunkelbraunen, vierrundeckigen medianeingewölbten Pastilloiden, die in Form und Farbe irgendwie an eine Hälfte dieser typischen Dickbrillen aus den 60er, 70er Jahren erinnern und aus denen eine fröhlich-liquide anmutende weiße Milch(?)haftigkeit herausperlt? Aber warum sollte ein zumindest formhalber als schokorieguläres Produkt durchgehendes Nascherzeugnis auch in und an sich stimmiger sein, als die Politik und generell innere Verfaßtheit der Insassen des Landes, in dem es gegossen? Nichts paßt hier zusammen, Farben, Formen, Aussagen, Botschaften, alles scheint in jeweils entschlossener doch ebenso unverdrossener und vielleicht gar augenzwinkernder Selbstbehauptung im unversöhnlichen Konflikt mit allem anderen zu liegen. Es wird sich zeigen, ob, wie dem Land so auch dem Riegel das Wunder gelingen kann, in der Summe dennoch ganz wunderbar zu sein.
Befreit man den Inhalt aus seiner Hülle, offenbar sich Überraschendes: die Pastilloiden sind in Wirklichkeit vier zur Kette verschmolzene olympischen Ringe (einen hatte man wohl leider der N’drangheta schutzhalber aushändigen müssen…oder verloren), die bei genauer nasaler Inspektion eine leicht plastilingeschwängerte Schokobrise aufgeben.

Mundhaptik: Ein Schwindel! Alles nur ein großer Schwindel! Mit fadem Knacken gibt der Reif dem Zahne nach und offenbart den Betrug: nichts als gemeine, schnöde, einfache Schokolade ist die Substanz dieser Konkatenats. Nichts weißes, nichts fluides, nichts milchig-cremig-schmelzendes, nur in seiner faden, unfrischen und leicht verhorn imponierenden Konsistenz an die Gesäßschwielen eines Schokonikolauses erinnernd, der gleich mehrere Saisonen dem Verzehr entrann, weil er im entscheidenden Moment einem von der Vereinigten Schokoladenhohlfigureninteressengemeinschaft (VSHFI) angezettelten Sitzstreik zur Erzwingung besserer Arbeitsbedingungen beihalf. Die Kongruenz der Verworfen- und Abgetragenheit seiner inneren Strukturen zu denen seines Heimatlandes ist hier augenfällig.

Geschmack: Hier endet die Übereinstimmung: denn während die italienische Küche trotz allen Elends ihrer Herkunft Nase, Gaumen und Zunge singen, tanzen und selbstbewässert frohlocken macht, würde diesen zerlöcherten Bettler im Reiche des Gustos, diesen Verräter an den Möglichkeiten des Schokoladengeschmacks, diesen fad-drögen Staubschmecker wohl selbst ein italienischer Kerkersträfling beim Essenfassen nicht in seinem Emaillenapf erdulden. Bastardo! Mamma mia, Bastardo! Was erlauben Tablò?!

Fazit: Der Berlusconi unter den Riegeln: außen braun, poliert, bizarr-chaotisch und das Blaue vom Himmel versprechend, innen hohl, verlogen und das am Äußeren weggelogene Alter schmerzhaft kenntlich werden lassend. 




Freitag, 12. Januar 2018

Riegelverkostung - Munz



Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Christopher N. und wurde von ihm höchstselbst aus dem ulkigen Nachbarstaat im Süden importiert. Dafür Dank :)    

Was steht drauf: Prügeli weiß; Branche blance – Weißer Schokoladenstengel mit Pralinéfüllung

Hüftgoldfaktor: 266 Kalorien pro Prügeli, odrr?

Erster Eindruck: Es hat etwas zugleich militärisches und lächerliches (und mir ist die nicht unerhebliche Schnittmenge dieser beiden Formen der Daseinsfristung durchaus nicht unverborgen geblieben), wie es so daliegt, das robuste, schwere Stängerli in seinem Mäntlein im  Schweizer-Taschenmesser-Rot, darauf das lustige Additionszeichen von der Flagge jener Nation erztüchtiger und erzgeschäftiger Erz-Neutraler (desto neutraler, je höher der Goldgehalt im Erz) und sein lächerlicher Name „Munz“, dem gefühlt ein ‚Oberst’ vorangestellt und ein dicker Schnorres druntergemalt gehört. Zum konservativ-militärisch-zuchtmeisterlich-virilen Hautgout trägt überdies die Überbetonung der Weißheit des Produkts und seine morphologische Nähe zu primär einem Schlagwergzeug aber in zweiter untertöniger Annäherung auch einem Phallus bei, linguistisch erfaßt als „branche“, als rührend-verniedlichendes „Prügeli“ oder als „Stängel“.
Unterm Wappenrock kommt denn auch ein schlanker, akkurater, leicht oberflächengewellter Barren zum Vorschein, der in seiner vornehmen, an der Grenze zum kränklichen rangierenden weißschokoladären Blässe den strammen Waden noch des stolzesten Gebirgsjägers Ehre machen würde. Riecht man ganz konzentriert hin, und nur dann, ist ein all seine Inhalte fest verschließendes und für weiße Schokolade ansonsten typisches plastinöses Miniaroma zu merken

Mundhaptik: Mit einem dumpfen „Knack“, so zackig wie die stracks zur Stirne zum Gruß expedierte Hand, bricht Munz unter dem ersten Bisse ab und in den Mund, wo der Bissen sich dienstbeflissen und nicht unangenehm als dichte rauh-weiche Verzehrmasse verbreitet, die in der Hauptsache aus einer braunen Pralinéecreme mit dünnen Hüllen aus brauner und natürlich der äußeren weißen Schokolade besteht. So ergibt sich ein Kaugefühl, daß in etwa dem nachmittäglichen Bestandsbericht des 2. Schanzoffiziers aus dem 4. Aufklärungs- und pionierbrigadebattallions zur Koordinationsoptimierung der gesamtlogistischen Versorgungslage in Anschauung von Wetterlage und mitteleuropäischer Sommerzeit entspricht. Also durchaus nicht spannend und unzäh, aber doch mit einem entschlossenen, nachhaltigen Eindruck von Folgerichtigkeit und Notwendigkeit ausgestattet. Wie soll es sich denn sonst kauen? Wer Praliné sagt, muß auch B sagen.

Geschmack: Wie der Schneewalzer zum Abschluß des Tanzballs beim Zapfenstreich zu Ehren des aus dem Dienst ausscheidenden Vier-Sternli-Generals und Backenbart-Weltrekordlers Urs Rüebli-von-Zitzewitz, den man zu Transpiration sich bereits anschickend in einem überheizten und überdünsteten Saale tanzt, weil er eben obligatorisch ist, nicht weil man möchte und trotz der nicht unbeträchtlichen Menge halbflüssigen Käsefondues, das sich gerade und schon eine Weile, zusammen mit einem respekteinflössenden Konvolut darübergegossenen Birnengeists, seinen Weg durch die bereits mit dem Aufruhr liebäugelnden Eingeweide bahnt. Will sagen: das ganze hat etwas schwüles, schweres, mächtiges, unfrisches und bräsig-ungelenkes, dem aber, wenn es ersteinmal in Fahrt und Schwung gekommen ist, bei all seiner großen Süße auch etwas angenehm mildes, rührend-anheimelnd-argloses und in seiner Erwartbarkeit Beruhigendes innewohnt. Und trotz der reduzierten Maße dieses Hölmleins ist man nach seinem Verzehr nicht minder aufwendig ernährt, grenzgesättigt und in schwerleibiger Stimmung der Bettstatt zuzustreben aufgelegt als wenn das Alphorn-Korps zum Ende jenes Gelages und zur endgültigen Auskehr „My way“ spielt.

Fazit: Das Schweizer-Armeemesser unter den Schokoriegeln. Nicht cool, nicht hip, nicht trendy. Dafür schwer und treu und verläßlich und zur Not bringt es einen durch den Winter und wenn man ein Bein damit schienen muß. Darf in keinem Schweizer-Armee-Rucksack fehlen.