Freitag, 22. Juni 2018

Riegelverkostung - Payday

Diese Riegelware wurde mir von der werten Tovaritsch Galinskarovskajowitsch zur Verkostung zur Verfügung gestellt. Dafür Dank. Auch wird zu prüfen sein, ob und was mir dazu - nach 5 Jahren - Neues einfällt

Was steht drauf: Peanut Caramel Bar

Hüftgoldfaktor: 240 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Naja, einen ersten Eindruck hatte ich ja schon, doch heute trotze ich mir etwas mehr als die damaligen mageren Worte ab. Denn wenn man Payday, und dann auch noch an einem Friday wie heute, wann man nicht nur bester Laune sondern bekanntlich auch wieder Payday ist, da so liegen sieht, erschließt sich einem sofort, worum es hier geht: es gibt keine Schokolade (ob man nun Arme hat oder nicht), sondern eine Abrechnung! Payday, payback einerlei, die dicken rotorangenen Lettern auf weißem Grund kündigen blutige, entschlossene und endgültige Vergeltung an. Und die finale Verfolgungsjagd dessen, an dem der Protagonist, der sich mit Payday dafür zu stärken hat, Rache nehmen muß, findet auf Skiern statt, durch den Schnee, der so weiß ist, wie Paydays Hülle: der Mann in Rot floh durch den Schnee und der Payday-Rächer folgte ihm. So oder so ähnlich könnte ein Roman beginnen ;)
Aus seiner Tunika geschlagen offenbart sich ein beiger Barren, der wie erstarrtes Toffee oder Karamell imponiert, das in einem Bad aus halben Erdnüssen zu Ruhe und endgültiger Form kam. Ohne eine gewohnte Schokoladenhüllschicht wirkt er nackt, unwirklich, bloßgestellt, wie gehäutet. Er sieht aus wie eine naschwerkgewordene Allegorie auf den Weg der Rache: lang und holprig, voller Unwegsamkeiten und Enstellungen und mit abruptem Ende.

Mundhaptik: Mein damaliges Erlebnis wiederholt sich: es quietscht tatsächlich an den Zähnen beim Abbeißen. Dieses Geräusch, gepaart mit der Zähheit der sich bei Abbiß darstellenden alttoffeebedingt ledrigen Kaumasse macht deutlich, daß der Rächer vor nichts haltmacht, daß er sich mit Zähnen und Klauen durch alle Widerstände und Hindernisse, die zwischen ihm und seinem Ziel stehen, kämpfen wird. Trocken und widerspenstig kaut sich das hier, eine unfrohe aber verbissene Entschlossenheit, die Sache zu Ende zu bringen, stellt sich ein. Staubiges, dröges Toffee wird zerquetscht, Nüsse werden zermalmt… durchhalten, irgendwann wird es doch nach irgendwas schmecken…

Geschmack: Rache sei süß, so sagt der Herr V. Olksmund, Payday ist es nur bedingt und vor allem am Anfang nicht. Zunächst ist da gar nichts, schmeckt man nur das Äquivalent eines Testbilds. Dann zieht langsam und zunächst nur eine Salzigkeit der Nüsse auf, die im Mund bitzelt wie Schweiß in Augen und Wunden. Und erst wenn man sich durchgebissen, durchgehalten, beharrt hat, gibt das wie in einer Dauerform in sich eingeschlossene Toffee, nachdem der an es anbrandende Speichel ihm ausreichend zugesetzt hat, widerwillig und zögerlich eine kleine, zurückhaltende, reduzierte Süße frei, die arm ist wie eine Enttäuschung.

Fazit: Ein Riegel als Lehrstück, als Parabel auf die Untugend der Rache und eine Warnung davor, sein Leben der Suche nach Vergeltung zu verschreiben, da man nach vollbrachter Tat feststellen wird, daß salzige, schale Leere,  alles ist, was bleibt. Das und Erdnüsse.







Samstag, 9. Juni 2018

Riegelverkostung - La Branche Originale

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Praliné überzogen mit Milchschokolade und Haselnüssen - Cailler of Switzerland

Hüftgoldfaktor: 251 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Entschuldigung, aber ich kann nicht anders, denn mein Französisch reicht aus, um den Hinweis zu verstehen: der Schriftzug mit dem Riegelnamen "branche originale" bedeutet: "Original-Arm", geschrieben in einer ungelenk wirkenden, klecksigen Schrift, wie sie mit vom Tode seines, des Armes, einstmaligen Besitzers noch klammen, steifen Fingern Frankensteins Geschöpf, für dessen Vollendung er diesen Original-Arm brauchte, schreiben würde. Dazu die metallisch-elektrisch blaue Hülle mit den beiden blitzsilbrigen Enden, die sofort an jenen (un)lebenspendenden Urfunken aus den tobenden Firmamenten denken läßt, den der Doktor entlang eines kunstvoll gelegten Leiters in jene Kreatur herabrief, der sie animierte und in ihr berüchtigtes und tragisches Dasein erweckte.
Unter der nach überaus unsachgemäßer und hyperthermer Lagerung (-was in voller Gänze mir selbst zuzuschreiben ist -) anpappenden Hülle kommt ein hellbrauner, knorrig und wegen des seine Oberfläche unregelmäßig durchstechenden Haselnußbruchs stollig wirkender, schlanker eher Finger oder Zweig als Arm zum Vorschein, der sogleich ein schokoladiges mit der typisch-stickigen Nougatkomponente angereichertes Aroma zur Wahrnehmung stellt. Angesichts der ausgemergelten, unfrischen Erscheinung dieses Ärmchens denkt man natürlich sofort an die mißliche und schlecht organisierte Situiertheit des illegalen Organhandels zum Zwecke prometheischer Todestransszendenz-Experimentalistik im 19. Jahrhundert und umso mehr wundert es einen, daß es Frankenstein, diesem Tausendsassa, tatsächlich gelungen ist.

Mundhaptik: Oha, was haben wir denn da? Steif, mit weicher Oberfläche, warm und hier und da eckig vom Nußholz fühlt sich ein Bissen des Originalarms an. Sofort stellt sich die Assoziation einer fremden, tauben Zunge, die schwer im eigenen Munde liegt ein. So muß es der Kreatur ergangen sein, als der künstliche Lebensfunke ihr die ersten Regungen in die schlotternden Glieder getrieben, das Licht seines Bewußtseins entzunden hatte und es, die fremde Zunge im fremden Munde noch ungestüm hin- und her und gegen fremde Zähne werfend, an den ersten lallenden Worten, am ersten "Wer bin ich?" würgte. Zerbeißt, zerdrückt und verspeist man den Bissen, klammert sich der Brei, die Creme, der Film, zu dem er wird, noch lange an Gaumen, Zunge und Rachen fest, wie eine totenstarre Hand, die nicht loslassen kann.

Geschmack: Groß und mächtig türmt sich der auf kleinsten Raum verdichtete, ja eingesperrte Geschmack dieses Riegels vor einem auf, in seiner schokoladen-nougatären Intensität nahezu überwältigend. Man läuft vor eine Wand aus Geschmack, an der sich zu orientieren man den Kopf in den Nacken legen muß, so hoch ist sie. Und doch ist da ganz in der Tiefe dieses Geschmacksgedröhnes etwas Mildes, etwas Sanftes ja fast Zartes, wie im tiefgekränkten Herzen jener riesenhaften, kolossalen Kreatur, die zur Einsamkeit verurteilt keinen Trost und kein Erkennen unter den Menschen fand. Solange man diesen Geschmack in sich hat, muß man stille stehn, innehalten, schmecken und nur schmecken und ihn, wie einen langsam mit schweren Schritten schreitenden Giganten an sich vorbeiziehen lassen. Wir schmecken ihn, doch er bemerkt uns nicht.

Fazit: Uff. Mächtig. Dieser Riegel hätte Prometheus genug Kraft gegeben, sich von seinem Felsen loszureißen. Nur für die ganz Hungrigen, die vom Tode auferstehen.




Freitag, 1. Juni 2018

Riegelverkostung - Minor

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Original. Schokoladen-Confiserie mit gerösteten Haselnuss-Splittern.

Hüftgoldfaktor: man schweigt sich aus...

Erster Eindruck: Ein Riegel mit Minderwertigkeitskomplex? Schmal liegt er da, hart und ganz fest in sich gespannt, wie ein kauerndes kleines Tier, das man in eine Ecke gedrängt hat. In unauffälliges Grün gehüllt, das an TypeONegative erinnert, mit altmodischem Silberstreifen, auf dem in einem penibel und überkommen wirkenden Schriftkasten das eine Wort steht, das alles sagt: "Minor". Der Minderjährige, der Kleine, der, der weniger ist, der weniger bedeutet. Doch "Minor" bezeichnet auch das schönste Tongeschlecht: Moll. Melancholisch, in sich gekehrt ja versunken, desinteressiert am äußeren Eindruck, sparsam im Ausdruck, streng und verweigernd und doch an sich selbst genug.
Eng und fest schmiegt sich dieser Riegel in seine Hülle, die man nur durch entschlossenen Zug aufzuheben vermag, darunter liegt ein unscheinbarer, mattbrauner Barren, stumpf, ohne Verzierungen, ohne Wellen, ohne Tollen. Wie roh behauen imponiert er, wie naturbelassen, mit hellen Haselnußaugen, die wie Wirbel sind im Stein. Dazu paßt, daß sich sogar noch vor den ambientären Schokoladengeruch, den der Riegel verströmt, eine kräftig-holzige Nußader drängt.

Mundhaptik: Weich wie Nougat - dem harten Anschein trotzend - gibt der Riegel nach, wenn man zubeißt. Doch sofort knirscht und birst es auch am Zahn, wenn er auf die allgegenwärtigen Einnussungen trifft: 

So schweben sie in des Riegels Basalte
wie ein noch ungefundenes Metall!
Ehrfürchtig füll'n sie seine Felsenfalte,
und ihre Härte fühl ich überall.

Dieses Stück muß man langsam kauen, zergehen lassen wie einen Funeral-Doom-Akkord, der kriecht und sich wälzt und sich schleppt, während alles in der Dunkelheit des Mundes vermengt, verschmolzen wird: Schokolade, Nougat, Nüsse, und nur eine angenehm zähe, widerständige Masse bleibt: der zermalmte Rest der alles ist, was bleibt, so wie von uns allen, vom Kosmos, dereinst nur zermalmter Reste bleiben werden... wir alle fallen. Und es ist die Unausweichlichkeit, die Gewißheit des Untergangs, die die Minor-Melancholie süß und seine Mundhaptik so schmerzlich angenehm macht.

Geschmack: Das ist ein Riegel für den Winter (und man sollte ihn nicht, wie ich, im Sommer essen). Groß und düster, samtig, schwer und schmiegend ist der Geschmack, unfrisch und warm wie ein Pelzmantel. Breit und heimelig schmeckt das Nougat, darein sich die Röstaromen der Haselnussfragmente eintragen. Die dunkle, weiche Umarmung dieses Geschmacks trägt Melancholie in sich und Endlichkeit, wie die verglimmende Röte und Wärme der Glut der zu Asche gewordenen Scheite eines Holzfeuers, das im Schnee eines tiefgrünen Winterwaldes langsam herabgebrannt ist.

Fazit: Ein Riegel für das Ende der Tage, an dem man das Ende der Dinge erwartet und das Endenmüssen akzeptiert hat.