Freitag, 31. März 2017

Riegelverkostung – Marvellous Creations „Rocky Mallow Road“



Was steht drauf: NEW Cadbury Dairy Milk

Hüftgoldfaktor: 240 Kalorien dat Stück.

Erster Eindruck: Die Nachtclowns haben den Krieg erklärt und ab sofort wird zurückgenossen. Anders läßt sich die Darstellungen auf der metallic-violett grundierten Umhüllung dieses Riegels wohl nur schwerlich deuten, denn unten im rechten Eck steht vor bestirntem Nachthimmel die albern aussehende und ganz aus Schokolade gemachte Zirkuskanone und kartätscht eine Garbe erdbeerroter Quader, rosafarbener Zylinder und keksbeiger Brocken auf einer das „Marvellous Creations“-Logo überspannende Parabelbahn ins Unbestimmte. Den dunklen Clown, der sie abfeuerte, wird man sich ja wohl noch selber dazu denken können. Ja ja, man weiß es ja, Marvellous Creations Riegel sind verrückt und machen keinen Hehl daraus, weshalb zu hoffen steht, daß jene Kriegserklärung nicht dem guten Geschmack galt.
Unter der Hülle finden sich die bekannten individuell und jeweils anders geformten und oberflächenstrukturierten Verzehreinheiten, die diesen Riegulanten (ein Hybridwort aus Riegel und Querulant) jedem Anankastiker einige schwere Momente bescheren lassen und zugleich sicherstellen wird, daß der avisierte Riegelcharakter als ausdrücklich unkonventionelles unangepaßtes Naschgut auch noch von borniertesten, holzhammervermittlungsbedürftigsten Verzehraspiranten erkannt wird.
Endgültig vervollständigt wird der Gesamteindruck des strategischen Nonkonformnaschmus’ durch den Geruch des braunen Barrens, der neben der üblichen breiten und tragenden Schokotonika – ich bin versucht, zu sagen: beängstigenderweise auch Erdbeerjoghurt-Obertöne enthält.

Mundhaptik: Würde man einem abendfeinen Gentleman im Smoking mit edlem Kummerbund und glänzenden Lackschuhen eine riesige Goldkette mit der strassbesetzten Buchstabenfolge YOLO umhängen und ihn mit einem roten Irokesen frisieren? Würde man mitten in der Mondscheinsonate kurz den Flohwalzer spielen? Würde man in einem vollendet-harmonischen japanischen Garten mit Pagode und Pergola ein neonfarbenes Aufblasungetüm aufstellen, in dem fettiger Nachwuchs schreiend zu planschen kommt? Nein. Das würde man nicht. Warum also in einen Riegel aus an sich feiner Grundschokolade zähe rote Erdebeerbatzen, schwammige rosane Minimarshmellows und mehlig-trockene Bisquitfragmente hineindilettieren? Weil man anders sein will, ja, ja, ist verstanden worden. Kann man ja ruhig so machen, aber dann isses (und ißt es sich) halt Kacke.

Geschmack: Jetzt wünscht man sich fast, es wäre anders. Denn dieser schräge Fürst von einem Riegel schmeckt genau so, wie man erwarten würde, daß eine Mischung aus Schokolade, Erdbeerkonfekt, Marshmallows und keksoidem Gebrösel schmeckt: so mittel. Krachsüß und gar nicht mal so stimmig, wenn nicht sogar eine Idee verstörend. Und während man sich so kopfschüttelnd durch diese krude Melange mampft, sieht man vor seinem geistigen Auge förmlich die maliziösen Nachtclowns neben ihrer Kanone bei der Vorbereitung dieses naschklearen Erstschlag auf Geschmack, Sinn, Verstand und Ratio und auf die Frage ihres düster-lustigen Anführers Che Gue-HAHA „Wat muß denn wech?!“ beginnen sie, das Geschütz mit all jenem Zeug zu stopfen, das noch seit letztem Fasching ’rumliegt und das selbst sie nicht mögen.

Fazit: Ein Schokoriegel so beunruhigend und verstörend, wie die Träume nach einem viel zu schweren Essen mit reichlich Pilzen, das man mit 3 Absinth und einer halben Packung Nelkenzigaretten auf ex und  Lunge abgeschlossen hat, wonach man zu einer CD mit Infraschall, Walgesängen UND Free Jazz eingeschlafen ist.



Freitag, 24. März 2017

Riegelverkostung - Yorkie Original



Was steht drauf: no artificial colours*, flavours or preservatives; Chunky with Chocolate; Man Fuel for Man Stuff

Hüftgoldfaktor: 249 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Was weiß man schon über York? Sie haben ein kolossales Münster dort, das ebenso klotzig und gravitätisch - nur weniger gelb – die „ewige Stadt“ beherrscht, wie die blutrot umrandeten Lettern des Yorkie Schriftzugs die Hülle dieses Riegels auf ihrer Grundierung im melancholischen, tiefsten Ozeanblau.
Düster, scharf und mit verweigernder Gebärde ganz wie die Zinnen, Scharten und Erker jener gotischen Kathedrale der nördlichen Reiche ragen auch die amputiert und unvollendet wirkenden Schokoladentrapezoeder von Yorkie aus einem flachen, glatten Schokoladenfundament in die Höhe. Betrachtet man die fünf gleichförmigen Höcker eine Weile lang, bis der Blick verschwimmt, so vermittelt sich unwillkürlich der Eindruck tiefster, tiefster Einsamkeit, der Einsamkeit verlassener, vergessener, moosbedeckter Grabeshügel lange schon namenloser Toter in einem uralten, wilden Tal, dessen Stille nichts und niemand mehr zu stören wagen darf.
Auch sein Geruch kündet von Sehnsucht und Vergängnis. Etwas schweres ist darin und etwas altes, das zu verharren scheint und zurückbleiben und uns vergessen wird, wenn wir gegangen sind.

Mundhaptik: Yorkie sei, so heißt es, Männer-Kraftstoff für Männersachen. Damit kann nur das Beißen und Kauen von Yorkie gemeint sein, das in etwa die mundhaptische Entsprechung der Tätigkeit jener Schwerstarbeiter sein dürfte, die seinerzeit die Meilen um Meilen eiserner Trassen legten, welche jenen Ort der Eibenbäume mit dem Herzschlag der Welt verbinden sollten. Und so wie ihr Leben, einfach und hart, verspeisen sich auch die fünf coupierten Monolithen Yorkies, die aus reiner, unverfälschter, unverzierter Schokolade bestehen, ohne Talmi und Schierschandudel. Man gehet hier durch schwere Berge, in harten Adern wie ein Erz, allein.

Geschmack:  Das gustatorische Unisono der schokoladenen Ausschließlichkeit im Geschmack dieses Riegels unterstellt uns für einen Augenblick der großen Melancholie endloser Ebenen, die sich wie ein braunes Mönchsgewand um all das ungelebte Leben legt. Und solange wir noch schmecken, schweifen unsere Blicke sehnend über jene fernen Horizonte, die wir Lebenden, so weit wir auch wandern, doch nie erreichen können...

Fazit: Yorkie zu essen entfesselt die Saudade des Nordens, das nostalgische Gefühl, etwas Geliebtes verloren zu haben, die leise aber unwiderlegliche Ahnung vom Unglück und der Gewißheit, die Sehnsucht nach dem Verlorenen niemals stillen zu können, da es wohl nicht wiederkehren wird…




Freitag, 3. März 2017

Riegelverkostung – Korovka



45 Was steht drauf: Cremiger Milchgeschmack – Baked milk taste; 2 Waffelriegel, 2 Wafer sticks in pack, Keine künstlichen Farbstoffe

Hüftgoldfaktor: 137 Kalorien pro Einzelriegel

Erster Eindruck: Da, da, wen will denn der Tovaritsch Russkie hier hinters Licht führen? Soll man sich so, wie auf der Verpackung dargestellt etwa Rußland vorstellen? Schöne blaue Himmel mit gemütlichen weißen Wattewölkchen über sanft geschwungenen, sattgrünen Hügeln, auf denen in Sichtweite eines pittoresken Dörfchens mit uriger Windmühle eine dicke, braungescheckte Kuh zufrieden lächelnd ein gewaltiges Gänseblümchen mümmelt? Darunter appetitlich angerichtete Schokoriegel nebst sonnengereiften Weizenähren auf stilisierten Wellen aus Milch? Come on!
Realistisch wäre doch wohl eher der aufgeplatzte und madendurchwühlte Kadaver eines verhungerten Milchviehs auf einem elenden, versalzenen Flecken unfruchtbarer Erde im sauren Regen unter einem schwärenden, fabrikabgasgrauen Himmel, in dessen brandigem, aufgetriebenen Wanst sich struppige Aaskrähen um die letzten Fetzen fauligen Pansens balgen, während im Hintergrund ein Journalist von einem 5-köpfigen und 8-zähnigen Bauernmob mit Hämmern und Sicheln im flackernden Schein einer in Brand geratenen Schwarzbrennerei aus seiner Datscha gejagt wird, der man sogleich den roten Hahn aufs Dach setzt, um dort einen neuen, noch größeren Thron samt Pferdekoppel für Vladimir den ersten und schrecklichen errichten zu können.
Aber vielleicht tue ich dem Riegelfreund ja auch unrecht, also mal runter mit dem Mäntlein und sogleich einen schlanken, schwach oberflächenstrukturierten Schokowaffelbarren, breit wie Stalins Schnorres, freigelegt, der interessanterweise weniger nach Schoko als ganz distinkt nach der weißen Phase in jenem schwarz-weißen Brotaufstrich aus Kindertagen duftet.

Mundhaptik: Tja, im Osten nix Neues, würde ich sagen. Speist sich exakt so, wie man es von in einen dünnen Schokojanker gewandeten Waffellamellen erwarten würde, derer vier übereinander gestapelt mittels der olfaktorisch schon antizipierten Milchcreme an- und relativ zueinander befestigt und stabilisiert sind. So knuspert und bröselt es leidlich daher und mit etwas Phantasie und nichts besserem zu tun könnte man versuchen, aus dem trockenen Geknarze und Gekrache aus dem eigenen Mund so etwas herauszuhören wie: Tovaritsch Pschemek wijellst Du Mijellchkrrremschnijette!?

Geschmack: Das Dörfchen eben war wohl doch nur ein potemkinsches, denn das bukolische Taiga-Idyll seiner Verpackung läßt sich dieser geminiden Knusperkolchose nun beim besten Willen nicht abschmecken. Zu einer vordergründigen, industriellen Grundsüße gesellt sich widerwillig und zögerlich und dabei eventuell anklingende Schoko- oder Waffelnoten feist wegspachtelnd ein überaus künstlicher Cremegeschmack, der in etwa soviel mit dem Geschmack des beliebten weißen Paarhufersafts zu tun hat, wie die Figur einer Babuschka-Puppe mit 90-60-90, wie eine Stalinorgel mit einer Silbermannorgel oder wie russisches Roulette mit einer richtig guten Idee. Das ganze schmeckt zwar nicht gerade übel, aber eben so aufregend oder überraschend, wie eine zweistündige, schwarzweiße Dokumentation aus den 70er-Jahren über das allmähliche Schalwerden lauwarmen Wassers auf Russisch mit usbekischen Untertiteln zu sehen. Ohne Russisch zu können, versteht sich. Und Uskbekisch.

Fazit: Etwas mehr Glasnost bei der Verpackung, dann klappt’s auch mit der Perestroika beim Geschmack. Sa starovje noch eins!