Die im folgenden zu testende Riegelware wurde von Jan „Stift“ E. beim Isländer erworben und mir für Begutachtungszwecke großzügig überlassen. Dafür Dank.
Was steht drauf: nix. Ernsthaft. Gar nix.
Hüftgoldfaktor: 530
Kalorien pro 100 g. Da u.a. nicht draufsteht, wie schwer der Kollege ist, weiß
man auch nicht, wie viele Kalorien er so hat.
Erster Eindruck: Da
liegt doch wahrhaftig ein kleines Stück des Rheingolds vor mir, so dachte ich
mir, als sich mein Blick in der Tiefe des changierenden Metallic-Schimmers von
Hrauns Hülle verlor. Von den kupferfarbenen Rändern hin durch ein Messing zur
goldenen Mitte, die geheimnisvoll grünlich irisiert. Über allem, wie ein
(H)Raunen vor der schriftlosen Stille der Verpackung schwebt braun wie der
Schlamm vom Bett des Flußes der Name des Riegels.
„Hraun“ ist sicher das alt-isländische Wort für etwas wie „Obacht“
oder „Nimm Dich in Acht“, das wie eine gewisperte Warnung aus der Tiefe wirkt,
eine Warnung vor dem tückischen Golde, auf dem ein uralter Fluch liegt, den
algenhaarige, grüngesichtige böse Wassergeister darauf legten, als die Welt noch jung und mit
dem Gold auch die Gier danach geboren ward.
Mißachtet man die Warnung und bemächtigt sich der goldenen
Hülle, kommt ein eher schlanker, knolliger Barren zum Vorschein, braun und
verwachsen wie altes Wurzelwerk, knorrig wie eine Mandragora mit hundert
eingebildeten Gesichtern, die als Faktotum des alten Fluchs der Geister
Jahrtausende in ihrer goldenen Hülle auf den einen Narren wartete, der seine
Gier nicht zu zügeln vermochte. Mit köstlichem Schokogeruch lockt sie und ruft
sie nach einem, der sie anbeißt.
Mundhaptik: Da
komme ich, denke ich mir, doch genau richtig und tue genau das. Als Mann der
Wissenschaft glaube ich nicht an alte Flüche und beiße in Hraun rein. Wie
Pflugscharen brechen meine Zähne die lockere und trockene Krume des Riegels
auf, zerspalten die Knuspersphäroiden in seiner Außenhaut und brechen durch den
Stapel darunterliegender Waffellamellen wie erste Sonnenstrahlen in die
aufgerissenen Stollen eines Bergwerks nach einer gewaltigen Grubengasexplosion.
Das Licht des Tages und die Zähne des Forschers fahren hier in die verborgenen
Dinge hinein, zerlegen alles und alle Komponenten in seine Einzelteile, machen
es der (geschmacklichen) Analyse zugängig und vertreiben dadurch alles Geheime
und alles Eingebildete, das nur Bestand hat, wenn man daran glaubt und nicht
darauf kaut.
Geschmack: Und
wenn erstmal all die Wassergeister, Klabauter, Kobolde und Feen aus ihren
verwüsteten, zerfressenen Hainen entfleucht sind, alle Flüche aufgehoben und
vergessen, alle Mythen verflogen, alle Märchen verlacht und alle Geschichten
zuende erzählt sind, dann wird aus der verwunschenen Wurzel aus der Tiefe vom
Anfang der Zeiten einfach nur ein Schokoriegel mit Reiscrispies auf
Waffelknusper und Schokolamellen. Und genau so, nämlich lecker, schmeckt er
auch.
Fazit: Hraun ist
das, was ein isländischer Feenbeauftragter zur Beruhigung ißt, wenn er tief im
Wald an einem schwarzen stillen Weiher Pause macht und sich versehentlich auf einen
Fliegenpilz in einem Hexenring gesetzt hat.