Freitag, 13. April 2018

Riegelverkostung – Chokito

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Mit Knusperreis – Avec du riz soufflé

Hüftgoldfaktor: 201 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Ein Schelm, wer da nicht an spielerisch erotisierte Asphyxiophilie dächte, offensichtlicher geht es wohl kaum, der Name deutet es ja schon an: Chokito als Verschmelzung aus dem englischen „choke“ mit spanischem Verniedlichungs-ito. Darüber das knallrote kußmundförmige Nestlé-Logo, darunter die Information über die Beimengung von Reis, der allerdings g’schamig-politisch-korrekt als „Knusper-“ denn als, nun, Reis aus jenen halbweltlichen Etablissements für kommerzielle Genitalrhythmuskoordination bezeichnet wird, obgleich natürlich jeder weiß, was hier wirklich gemeint ist. Zu allem Überfluß windet sich dann noch von unten links aus dem Nichts kommend ein wollüstig-würgewütiger karamellgelber und „knusper“reisbesaugnapfter Tentakel hinter dem Chokito-Schriftzug entlang und durchbohrt diesen neckisch und genau durch das erste „o“. Daß Nestlé endlich mit Chokitos gewagt-verschrobener Erotik in seiner spöttisch signalwestenorangenen Umhüllung der Fa. Wander den ovomaltinenen Schneid bei den Schweizern abkaufen will, dürfte auf der Hand liegen.
Ohne seine grelle Pelle dampft der Charme dieses pockigen Schlawiners etwas ein, denn die durch einen dünnen Schokoguß über die gesamte Riegeloberfläche fixierten „knusper“reisigen Warzoiden verleihen dem präprandial-erotisierten Erwartungsknistern eine beunruhigend venerologische Tingierung, die durch den Geruch Chokitos nicht gerade verbessert wird, erinnert er doch unzweideutig an den der Auskeuchungen aus ihren Ventilen jener inflatiblen PVC-Damen, die sie hervorbringen müßssen, wenn man sie nach gehabter Nutzung in kommodere Maße zurückwringt. Dennoch: ich bin nicht ungespannt.

Mundhaptik: Naja. Allen asphyxiogenen Andeutungen zum Trotz schnürt sich einem die Kehle hier wahrlich nicht zu, noch stockt der Atem und auch die Luft bleibt nicht weg, höchstens die Lust. Das kurze und schnellvergängliche Knistern des „Knusper“reises ist genau so schnell zerkaut und im allerweltszähkaramelligen Toffeegehabe der Hauptfüllkomponente Chokitos abgesoffen, wie es zur Ernüchterung kommt, nachdem eine jener grell bemalten und nicht mehr taufrischen Satisfaktionsbeauftragten mit Penetrationshintergrund die vorab streng und rein geschäftlich ausgehandelten Handgriffe und sonstigen Verrichtungen abgearbeitet und unmittelbar danach zur Beendigung der räumlichen Gemeinschaft ermuntert hat.

Geschmack: Wie würden Sie denn schmecken, wenn Sie für ein paar Monate in der „stummen Ursel“ gesteckt hätten? Bestimmt nicht minder plastinär als unser genoppter Verzehrauftrag hier. „Knusper“reis schmeckt ja in der Regel sowieso nach nichts, es bleibt also ein Karamellkern in Schokohülle, der aber nurmehr durch eine immanente schiere basale Süße kenntlich wird, weil seine komplexeren Aromen im tiefen Schlund jener übermächtigen plastinös-vinylenen Schlauchhaftigkeit, jener ethylen-gummierten Polymerschmelze, jenem bituminösen Weichmacherphtalat versackt sind! Schmölze und verquickte man einen Scheffel braunen Zuckers, reichlich Styropor, die in Knallfolie gewickelte Polyester-Perücke von Theo Lingen, einen Polyurethan-Vibrator und eine Tafel Trumpf-Schokolade, so schmeckte diese Mischung nicht anderes als Chokito.

Fazit: ein Riegel wie eine Nacht voll französischer Küsse im Gummipuppen-Bordell. 




Freitag, 6. April 2018

Riegelverkostung – Tronky Nocciola


Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von Christopher N. und wurde von ihm höchstselbst aus dem ulkigen Nachbarstaat im Süden importiert. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Wafer con ripieno cremoso al cacao e nocciole

Hüftgoldfaktor: 99 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Wie niedlich, dieses vertiable Leichtgewicht von einem Kleinriegel, der noch dazu einen zugleich albernen und niedlich-plump klingenden Namen trägt, so wie ein vergleichsweise ungroßes weil noch adoleszentes, tollpatschiges Elefäntchen als Hauptdarsteller in einem jener gruseligen trubulent-rührenden Zeichentrickabenteuer für die ganze Familie, in dem es durch seine arglose Unbeholfenheit und Neigung zu Tagträumereien immer wieder in mit klassische Musik imitierender nervend-heiterer Filmmusik unterlegte haar- bzw. borstensträubende Abenteuer und sonstige Schwulitäten gerät. Auf der in der Hauptsache roten, wertig glatt-glänzenden Verpackung findet sich eine comichafte Abbildung Tronkys nebst einer klischeehaften Darstellung von Haselnüssen mit Blattgrün.
Dank der servicebewußterweise angebrachten Aufreißlasche gelangt man schnell zum Inhalt der Packung, der bei Inaugenscheinnahme sofort die Assoziation vom ulkigen Kleinpachydermer zerstört, wenn man mit ihm einen mit okkulten Runen und Gravuren bedeckten und auch noch haselnußholzfarbenen Waffelsarg herauszieht: denn genau wie eine jener Kisten, mit flacher Lade und hochgewölbtem Deckel mit coupierten Schrägenden zur längerfristigen, subterranen Verstauung thermodymanisch equilibrierter Herrschaften sieht der nackte Tronky aus. Und ebenso hermetisch wie sein Erdmöbelpedant seine modernden Gebeine verschließt jener jeden Geruch von Schokolade in sich und gibt lediglich einen waffeltypischen Süßodeur frei.

Mundhaptik: Leider fügt sich die Mundhaptik in ihrer Phänomenologie der sarkophagistischen Assoziation bündig ein: Tronky ißt sich exakt so, als knabbere man an eines in Mumifikation befindlichen Verstorbenen Finger! Die trockene papyrusartige Waffelhülle entspricht dabei der im Wüstenklima exsicierten Pergamenthaut, das auf beunruhigende Weise undifferenziert Weiche des Inneren dem inzwischen durch Autolyse und allgemeine Zersetzung schwammig aber bei simultaner Dehydrierung nicht zerfließlich gewordenen Gewebe. Die zwischen den Zähnen knackenden Nußstückchen erinnern, ich bedaure, dies unbeschönigt so sagen zu müssen, unweigerlich an einen morschen, porösen, ins Fleisch eingebetteten Fingerknochen. So sehr diese Mundhaptik postmortale-Anthropophagie-Aficionados zu Begeisterungsstürmen hinreißen mag, so deutlich muß doch mein Hinweis ausfallen, daß man „special interest“ auch übertreiben kann und so ein Zungenkuß mit Ramses dem II, wie er schon lange weder leibt noch lebt, nicht Jedesessers Sache ist.

Geschmack: Kaum schließt man die Augen während man noch die Reste altägyptischer Potentaten im Munde zermahlt, versetzt einen der verblichen, schwach und erodiert wirkende Geschmack Tronkys in fernste Vergangenheit. So muß das harte, trockene, ganz leicht gesüßte Protobrot steineschleppender Pyramidensklaven, so die staubigen, mit Sirup benetzten Bandagen geschmeckt haben, die sich die ägyptischen Balsamierer vor Mund und Nase banden, um den Gestank ihres in Grabkammern ausgeübten Handwerks zu übertünchen, wenn sie die Bälge ihrer toten Herrscher in die Kanopen leerten: Tronky schmeckt alt, gewesen, vergangen, in der Zeit verloren, so, als sei sein Geschmack seine Rache für die  Störung, die darin lag ihn zu verspeisen.

Fazit: Ein Riegel wie ein Fluch des Pharaos. Ist Mumienschändung eigentlich strafbar?

 
 

Montag, 2. April 2018

Riegelverkostung - Torino

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)    

Was steht drauf: Lait - Feiner Schweizer Milchschokoladenstengel mit Haselnuss- und Mandelcreme-Füllung

Hüftgoldfaktor: desisch nicccht so wicchtik, odrrr?

Erster Eindruck: Schon wieder ein Schweizer Stängerli und schon wieder im Armeemesser-Rot mit einem kleinen Fähnli auf der Umhüllung? Durch Phantasie bei der Hüllengestaltung brillieren sie ja nicht gerade, die eidgenössischen Schokoriegelanten, und diesem hat man gar nur ein hauchdünnes, fimschiges Mäntlein aus gewalztem und etwas unwertig knisterndem Aluminium umgetan. Drauf findet sich selbstbewußt der wohlstandsgoldumrandete Namenszug, der einen innerlich im Schatten der endlosen Arkadengänge jener bulligen Schönheit im Nordwesten Italiens wandeln läßt.
Schlägt man ihn aus seinem armen roten Talmi-Deckchen, kommt ein langer aber doch massiver, schlanker aber doch schwerer, ganz glatter und wie zur Obacht mahnender Schokoladenfinger zum Vorschein, der gemahnt, daß man es hier gar nicht nötig hat, durch kokette Verzierungen, jene wohlbekannten Wellen und Ziselierungen anderer und eben geringerer Riegel Oberflächen, von der Ausschließlichkeit des zu Erwartenden abzulenken. Nicht minder souverän schickt Torino einem auch eine olfaktorische Botschaft von reicher Schokolade, nuß- und mandelschwerer Fracht entgegen. All dies suggeriert ein so bewußtes Understatement, daß es ein zu erwartendendes Overstatement im Balderschmeckten nicht deutlicher ankündigen könnte.

Mundhaptik: Herrlich. Als stecke der geschickteste Uhrmacher seiner Majestät der Königin der Feen seinen schlanken Finger in feinsten Handschuhen aus Sammet und Elbenhaar uns behutsam und zärtlich in den wollüstig offenen Mund und streiche, gleite und kose damit inniglich uns'ren Gaumen, Zunge, Wangen und Rachen, wohlige, wonnige Schauer auslösend. Hier gelingt das seltene Kunststück, eine gänzlich homogene dick-pastöse Riegelfüllung nicht feist-bräsig, nicht pappig, schmierig oder aufdringlich sondern einfach nur balsamig-sanft und schmiegend-cremig sein zu lassen. Die mundhaptische Entsprechung einer Massage mit warmem Öl unter kundigsten Händen.

Geschmack: Mmmmhhhh.... für einen Moment nur läßt diese dunkelbraune Herrlichkeit, dieses aus den Herzen von Haselnüssen und Mandeln kondensierte Opiat, den mit geschlossenen Augen Kauenden alle Sorgen vergessen in einer Innigkeit und Süße, als werde im selbstvergessen schmeckend-schwelgenden Munde das Adagio aus Bruchs 1. Violinkonzert aufgeführt. Mit anderen Worten:
Er hat sich so unendlich klein begonnen
an jenem Tag, da ich mit ihm begann, -
ist dann im Mund gereift wie unter Sonnen
wobei sich sein Geschmack erst ganz entspann,
dass er in Menschenkindern voller Wonnen
sich ruhend jetzt vollenden kann:

Für kurze Zeit erlöst Geschmack den Kranken von seinem Leid. Und hebt die Augen dem Betrübten über alle Traurigkeit. Und dem Verzweifelten, der ohne Trost und ohne Hoffnung ist, schenkt dieses Schmecken doch Vergessen, wenigstens für kurze Frist. Nimmt alle Last für nur Momente, die schwer auf uns‘ren Schultern ruht: Alles ist gut, alles ist gut.

Fazit: Die mönchisch bescheidene Aufmachung dieses Prachtstücks von Schokoriegel ist nur ein tremulierter Septakkord, der sich in einer überwältigenden Kadenz von Wohlsein und Wohlgeschmack entlädt. Danke.