Freitag, 17. November 2017

Riegelverkostung - York

Was steht drauf:  "Get the sensation", 70% Less Fat!, Dark Chocolate Covered Peppermint Pattie

Hüftgoldfaktor: 150 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Der Riegel zum Auto oder was? Daran mußte ich denken, als ich das "York"-Logo: weiße Schreibschrift auf blauem Grund in weißer Umrandung sah, erinnert es doch höchst auffällig an das Logo des Blechkutschenherstellers mit dem Namen jenes 38. US-Präsidenten, der als einziger bisher nicht in dieses Amt, in dem er nur 895 Tage diente, gewählt wurde. Doch auch der Name des Riegels, eine Silbe, vier Buchstaben, in der Mitte "or" ist zu ähnlich, als daß ich an einen Zufall glauben könnte. Die metallisch spiegelnde Umverpackung, die natürlich an eine silbrige Karosserie erinnert, vervollständigt den Eindruck, der sein i-Tüpfelchen schließlich durch einen jener leeren, generischen, allverwendbaren und ebensogut wie -schlecht zu den rollenden Produkten des großen Karrossenschmieds wie zu einem Schokoriegel oder auch Wanderschuhen, einem Bratschlauch, in dem Entenbrust besonders zart wird oder Feuchttüchern mit der Duftnote "Preisselbeere" passenden Reklameslogans erhält: "Get the sensation".
Man fragt sich nur, was die Naschwerkproduzenten dieser Welt bloß an der Stadt York so überaus schokoriegelnamenwürdig finden, das ist jetzt der dritte, der mir unterkommt, der so oder so ähnlich heißt. Und dabei ist, wie man nach Packungsöffnung sogleich gewärtigt, "York" nicht mal ein Riegel, sondern drei in eine dünne Pappschiene geladene, runde, zartbitterschokoldenüberzogene Taler. Da hätten sie doch, schließlich hat ein Kfz ja derer ebensoviele Räder, vier Taler beigeben können, denkt man sich, während man unverwundert einen ganz und gar an After Eight erinnerenden Duft aus den Talern wahrnimmt.

Mundhaptik: Die Assoziation hält auch hier, denn York kaut sich, wie ein Ford sich fährt. Nicht überraschend, nicht spektakulär, einfach, erwartungsgemäß, schlicht, beflissen, eintönig, alltäglich, man könnte sagen: normal. Der Taler ist gefüllt mit einer festen, weißen Masse, die nichts mit dem gediegenen Edelfluidium derer "Nach Acht" zu tun hat, sondern eher an nachgiebigen, ja demütigen Kokosmölm erinnert. Form- und konturlos leistet es dem Zerbissenwerden keinerlei Widerstand und auch Zergehenlassen geht. Es wird York sein, was die York-Arbeiter in den York-Fabriken in den Mündern wenden, wenn sie ans Werk gehen, York zu machen.

Geschmack: Ein wirklich keiner weiteren Erwähnung würdiger Sangesmann bot dereinst die Zeile an: Mit Pfefferminz bin ich Dein Prinz. Dies ist nicht nur ein denkbar fader Reim, sondern, zumindest bezogen auf York, eine Aussage, der die Eigenschaft zukommt, daß sie nicht stimmt. Denn der entschieden unleugbar vorhandene Pfefferminzgeschmack dieser Taler ist nicht von Adel sondern von Brachialität. Im Gegensatz zum feiner ausgewogenen britischen Täfelchen überspachtelt er unsensibel jeden Hauch von Schokoladengeschmack, drängt sich rüde und tölpelhaft in den Vordergrund und wirkt so auf die gleiche unerfreuliche Weise aufdringlich, wie der Geruch in einem Auto, an dessen Innenspiegel 4 Vanille-Duftbäumchen zu hängen, dessen Nutzer unerlässlich dünkte. So kommt einem die Ostentativität der pfefferminzenen Allgegenwart Yorks vor, wie das Geld eines Lottogewinners aus bildungs- und etikettefernen Schichten: in seinen Händen, mit denen er nichts anderes halten und vorzeigen kann, weil er nichts anderes hat, wirkt es ordinär, unfein und weniger wert als hätte es jemand, dem es weniger wichtig ist.

Fazit: Taler, Taler, Ihr müßt wandern, sucht zum Loben Euch 'nen ander'n. Wenigstens habe ich jetzt frischen Atem.