Freitag, 29. Mai 2015

Riegelverkostung - Oh Henry!

Nachdem die letzten Verkostungen ja nur so peu a peu hierhertröpfelten, hat mich das Schwesterherz nun mit einer ganzen und schon zweiten Fuhre Riegelware überschüttet. Das erste Exemplar aus dieser Sammlung begründet daher heute die "C-s Series 2":

Was steht drauf: 2 Peanutty Caramel Fudge Bars in Milk Chocolate

 Hüftgoldfaktor: 115 Kalorien pro Einzelriegel

 Erster Eindruck: Kill Billja Richter! Die Verpackung mit ihrem gelben Hintergrund und den großen serifenlosen, runden Buchstaben in Rot und dunkelbraun erinnern mich aufgrund der Farbmischung frappierend an das Kill Bill-Design und aufgrund der Schriftart und -form intuitiv an die (übrigens nie außerhalb von Parodien von mir zur Kenntnis genommene) 70er-Jahre Fernsehsendung "disco" mit Ilja Richter. Das ganze hat also einen coolen swinging-groovy-Vintage-Stil und macht irgendwie Lust darauf, das übliche auf einem Scherzug an einem gezackten Ende der Verpackung basierende Öffnungsmaneuver durch ein beherztes In-die-Luft-Werfen-und-mit-dem-stets-mitgeführten-Damaszenerstahlkatana-sauber-Aufschlitzen zu ersetzen, selbstverständlich zum Groove von The Tramps bzw. The Four Seasons.
Nach dem Aufschlitzen bzw. -reißen, umschmeichelt einen gleich eine angenehme Schokonote. Wenn man einen Einzelriegel, die für sich alleine genommen scho a weng kümmerlich anmuten, aus der Packung nimmt und näher beschnüffelt, können sich Riechepithel und korrespondierendes kortikales Areal neben der Schoki auch einer zarten Beerdnussung nicht entziehen.  Äußerlich, so von Form und Höhe/Breite-Verhältnis her, erinnert so ein Riegelchen am ehesten an ein aufgeschwemmtes Stückerl Raider allerdings mit etwas verworfener, zerklüfteterer oder verwachsener Oberflächenbeschaffenheit.

Mundhaptik: Oh Herny, wie fein! Es beißt und speist sich wie eine Mischung aus Raider (Format), Snickers (Kauigkeit mit Erdnusseinsprengseln) und einer Kleinigkeit CurlyWurly (karamellene Zähigkeit). Das Korpusgewölbe ist regelrecht vollgestopft mit allem, was gut und rechtens ist: dicht gedrängt harren die Nüsse der Erde innig an die dünne Schokohüllschicht geschmiegt des Essers und sind dabei gebettet auf eine überaus angenehm leichtzähkauige Karamelcreme. Insgesamt ergibt sich damit eine vorzügliche Mundhaptik: ein Knacksen hier, ein flaumiges, vollmundiges Zerdetschen eines Cremebatzens da, dazu ein salzvermitteltes Zungenbitzeln und der angenehme Schmelz hochwertiger Milchschokolade. Oh Henry, Du alter Charmeur und Gaumenschmeichler!

Geschmack: Im Prinzip wie Snickers. Doch gestatten Sie, daß ich etwas extemporiere: um den Zusammengang der Komponenten in ihrer Stimmigkeit zu preisen, ist vergleichshalber am ehesten ein feines, barockes Adagio heranzuziehen. Auf dem dunklen, ruhig pulsierenden (und durch die gemächlichen Wiegebewegeungen des Kauapparates mechanisch entsprochenen) Generalbaß des wohligen Erdnussgeschmacks breiten die sanften Schwingen der Karamellcreme wie liebliche Streicher ein ätherisch-leichtes, doch dichtes Gespinst aus, so daß ein Rahmen, eine Bühne, eine festliche Monstranz aus Geschmack entsteht, worin kostbar stets und exquisit, zurückhaltend doch unverkennbar oboenhaft ein Schokoladenklanggeschmack aufsteigt, dort kurz verharrt nur und sich zeigt und wieder sinkt und doch nicht ganz verklingt und nochmals steigt und wieder für uns singt, bis Stücks und Riegels Ende ihn schließlich zum verstummen bringt.
 
Fazit: Ei verbibscht, dös is legger.


Montag, 25. Mai 2015

Riegelverkostung - ToffeeCrisp

Diesen Freund nahm ich in einem English Store mit.

Was steht drauf: Nestlé ToffeeCrisp

 Hüftgoldfaktor: 196 Kalorien dat Stück

 Erster Eindruck: Hmmm, trotz seines auffallend signalorange gefärbten Mäntleins mit der braunumrandet gelben Sans-Schrift, die in ihrer glatten Rundlichkeit wohl schon zerschmelzendes Toffee andeuten soll, wirkte das Riegelchen irgendwie unscheinbar im Regal des Englandladens, wo ich es erwarb. Vielleicht so, wie eine in die Jahre gekommene Bordsteinschwalbe, die zwar noch immer auf diese Art des Broterwerbs angewiesen ist, sich aber zu ihrem eigenen Vorteil vom direkten Licht unter den Laternen fernhält, um im Zwielicht, das gütig mehr verbirgt als preisgibt, eine Illusion aufrechterhalten zu können, die im direkten ungnädigen Vergleich mit jüngerer, frischerer Auslegeware ver... nun..."puff"en müßte.
Unscheinbar, fast schon ein wenig Richtung billig ausgelenkt, ist auch der Schokogeruch, der sich nach Öffnung erst dann bemerkbar macht, wenn man ganz nahe heranriecht. Da ist etwas wenig wertiges, unvollmundiges, verbrauchtes, discountpralineskes in diesem Geruch. Passend dazu, daß der Korpus meines Exemplares schon beschädigt und aus einigen Rissen das Toffeefluidium ausgeblutet war und den Riegel mit der Umverpackung verbacken hatte, so daß er in seiner Hülle nicht verschieblich ist, sondern freigerissen werden muß. Der Korpus selbst ist unspektakulär geformt wie ein liegendes D, die Oberfläche jedoch von verstörender Unruhe, die an ungute Schäume oder unheilverkündende Vibrationswellenmuster erinnert.

Mundhaptik: Ein gezähmter, nein ein gebrochener Löwe: daran mußte ich als erstes denken, weil mich ToffeeCrisp kurz an Lion erinnerte und doch auch nicht. Zuerst durchbeißt man eine dünne Karamell- oder Toffeeschicht und dann tritt der "Crisp" in Gestalt von in ein nougatartiges Interstitium eingebetteten Cereal-Spheoriden in Erscheinung, die zwar leidlichen knispern und knapsern, jedoch unweigerlich eine unvorteilhafte Puffreis-Assoziation hervorrufen. Leider ist auch das interstitielle Nougat von unschmeichelhaft trockener, gipsiger Konsistenz, so daß sich insgesamt, bei völligem Fehlen eines etwa lionhaften Bißes, eine schmierig-pastöse, knusperdurchsetzte Zermalmungsmasse ergibt, die ungustiös und etwas ordinär aber jedenfalls konsistent mit dem randständigen Erscheinungsbild ist.

Geschmack: Es hätte so schön sein können, denn eigentlich passen die Komponenten gut zueinander und ist auch die Idee der Zusammenstellung eine schlechte nicht. Doch gut gemeint ist zu wenig für einen guten Riegel und so versickert das Potential von ToffeeCrisp ungenutzt durch die Lecks, die  minderwertige Zutaten und womöglich unsachgemäße Lagerung un mangelnde Frische in das mir vorliegende Produkt geschlagen haben. In der Folge wirkt der Geschmack verblichen und so unfrisch wie die Oberbekleidung eines Punkers, ja konjunktivisch, wie all die vergebenen und eben nur solche gebliebenen Möglichkeiten im Leben jener den Zenit überschritten und die letzte Umkehrmöglichkeit verpasst habenden, so heute nur noch aus dem Halbschatten heraus sich anbietenden Dame mit Penetrationshintergrund mit dem leicht zerlaufenen Kajal, verschmiertem Lippenstift, abblätterndem Nagellack und den Laufmaschen im Feinstrumpf, die auszubessern diese verzagte Sisypha, die ihren Kampf gegen den Gipfel verlor, einfach keine Kraft mehr hat.

Fazit: Was hätte alles aus diesem Riegel werden können? Er hatte soviel Potential! Und nun, sieh ihn Dir an: liegt herum, mit dieser ordinären Verpackung und muß sich jedem dahergelaufenen Esser anbieten wie ToffeeCrisp, um überhaupt noch mal in einen Mund gesteckt zu werden. Traurig, sowas.














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