Donnerstag, 1. Mai 2014

Riegelverkostung - Manner Picknick Sticks

Was steht drauf: Caramel and Crisp

 Hüftgoldfaktor: Ah gehn's!

 Erster Eindruck: Jo, küß die Hand! Mei Riegel is a Weanarin! In der Tat, die Firma Manner stellt offenbar nicht nur ihre berühmten Schnitten her, sondern ergeht sich auch in Waffeleien anderen Formats: auf dem im Manner-Rosa gehaltenen Hintergrund der Verpackung prangt blau umrandet und in kecker Steigung der Picknick-Schriftzug (nicht zu verwechseln mit dem Cadbury-Freund) und parallel dazu, man will es ja nicht übertreiben, mit den geometrischen Eskapaden, die rotumrandete Information zur Darreichungsform des geminiden Riegels in zeitlosem Angelsächsisch: Sticks! Danke an dieser Stelle für das „cks“, ein „x“ hätte ich nicht auch noch verkraftet. Die rechte Verpackungshälfte ziert eine dramatsierte, euphemisierte Zeichnung des darin wartenden Knusperschmauses: zwei schlanke Riegel, einer von unbekannten virtuellen Gierigen schon angebissen. Die Riegel selbst sind leicht und schmal, erinnern an Banjo ohne die subschokoladären Nußschwielen, dafür mit dünnen teils orthogonal zur Längsachse und teils leicht von der Orthogonalität zur Längsachse abweichend verlaufenden und milde über die Schokoladengrundumhüllung erhabenen Schokogussbahnen verziert.
Bei genauem Hinriechen tritt die Schokolade sogar zurück und gibt einem entschlossenen und durchsetzungfreudigen Karamell-Aroma Raum

Mundhaptik: Nunja erwartungsgemäß möchte man meinen. Ein dünner Stapel Waffellamellen isoliert und gebunden durch ebensodünne Schichten aus einer Art Haftmasse undifferenzierbarer Konsistenz, deren obere dünne Karamelfäden enthält und die wohl zugleich als Konstruktionsmittel zur Festigung und Stabilisierung des Konglomerates wie als Geschmacksträger zu dienen haben. So knuspert es freilich und leidlich aber auch a weng dröge vor sich hin. Es fehlt mir ein wenig der Pep, das gewisse Etwas, das den dem Abbiss folgenden Prozess des Zerkleinerns, Befeuchtens und Andauens von den Ketten seiner bloßen und beflissenen Notwendig- und Zweckmäßigkeit befreit und ein wenig Schmiss und Stimmung, Tanz und Sicherhebenmüssen der Brauen in die Bude bringt.

Geschmack: Jo mei. Wenn ein Bub auf dem Bolzplatz im Sportunterricht so einen Ball würfe, wie Picknick Sticks schmecken, würde wohl vom diensttuenden Sportpädagogen die Erkundung eingeholt werden müssen, ob der Bub denn seinen Teller nicht leer gegessen oder sich gar irgendwo einen Pips geholt habe. Kraftlos schmeckt es, angeschlagen und irgendwie verblichen, ja fast verdrossen wie ein Maler, dem gerade eine Idee gekommen aber die Farbe ausgegangen ist. Es ist auch nur das unecht aromatisierte Karamell überhaupt noch zu bemerken während Waffel und Schokolade sich bereits gen Unausschmeckbarkeit empfohlen haben, in etwa wie auf einem Photo einer geselligen, rauchenden Herrenrunde aus einem Wiener Kaffeehaus der 50er Jahre, wo nur die von aufgesetzten Lächeln freigelegten Zähne in den Gesichtern der Herren an den vorderen Tischen in vergilbendem Schwarzweiß noch erkennbar sind, während die hinteren Reihen, die hängenden Zeitungen und der Mann mit der traurigen Geige, halb verborgen in Dunkelheit und Zigarrenrauchschwaden, längst verblasst und bis zur Unkenntlichkeit ins grießelige Grundrauschen altväterlicher photochemischer Unbeholfenheit zurückgewichen sind.

Fazit: Die Frage, ob ein Schokoriegel melancholisch schmecken kann, ist hiernach mit einem entschlossenen „Freilich“ zu beantworten und ein solches Produkt dürfte aus keiner anderen als der schönsten der Städte kommen. Wien darf das, des g’heert so und habe d’Ehre.



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Samstag, 8. März 2014

Riegelverkostung - Manja

Was steht drauf: drauf nicht, aber dran an der Seite steht, daß es sich bei Manja, den ich aus Innsbruck importiert habe, um eine "feinste Haselnusscremestange, umhüllt von kakaohaltiger Fettglasur" handle

Hüftgoldfaktor: Ah geh!

Erster Eindruck: Ja, so waren sie, die 70er Jahre: man aß Manja und man hatte lange Haare. Diese mit veritabler Bonmotqualität ausgestattete Zeile aus einem noch zu komponierenden Song kam mir in den Sinn, als ich "Manja" in Augenschein nahm. Dieser schlanke, kantige Riegel strahlt in seiner Alufolienverpackung mit den dickweiß-dünnroten Querstreifen auf goldenem Grund und dem leicht angetrashten weißen Namensschriftzug auf rotem Wappen, dessen A-Oberstriche vermutlich asiatische Remineszenzen erwecken sollen, schon einen gewissen retro-mäßigen und in seiner Absage an die seelenlose Durchgestyltheit heutiger Produkte irgendwie hoimelig wirkenden Chrame aus. Nackt sieht Manja weniger spektakulär aus: ein simpler, relativ kantenscharfer Quader unter dessen Schokoladenüberzug es sich nur ganz sanft wellt. Dafür verrät ein genaues Hinschnuppern ein aus der Beschriftung nicht hervorgehendes Geheimnis: eingebettet im Schokogeruch finden sich unzweideutige Indizien erdnussiger Beimengung.

Mundhaptik: Uärgh... der ist ja ganz weich! (Ich weiß, liebe Leserinnen, ich weiß....) Damit hatte ich nicht gerechnet und war drum redlich erstaunt, als Manja dem Gebiß widerstandslos nach- und sofort seine feistschaumige Innenwelt preisgab. Ich war wohl fälschlicherweise auf irgendeine Art waffelhaften Knusper, nussiges Knacken oder zähe Kauigkeit vorbereitet gewesen. Stattdessen bekam ich es mit einer leicht angeteigten, feuchtwattigen Creme zu tun, die in ihrer ordinären, bratzigen Mundhaptik den Eindruck erweckte, sogleich ihre billigen Alufolienärmel aufkrempeln und die soeben neu bezogene Arbeitsstätte Mundhöhle mit großzügigen Kleisterschichten beunglücken zu wollen. Manja kaut sich auf eine ungustiöse Weise undifferenziert, irgendwie pappig und staubig, wie ein dehydriertes Milky Way, aber dabei nicht trocken, sondern garstig-sulzig

Geschmack: keine Entschädigung hier! Ok, ok, man schmeckt irgendwo die Haselnuß aus einem dumpfen Sumpf aus schwerer, unfeiner, fast brachialer Süße und ein Vergessenwordensein im Achselhaarnest eines seit den 70er Jahren weitergeschwooft und keine Zeit für Duschbäder gefunden habenden Disco-Enthusiasten vermuten lassendem Muff. Doch diese Haselnuß ist gebrochen, ist verdorben worden, sie ist wie ein Irrlicht, dem der Schmausende auf's Moor folgt und untergeht, ohne es doch je zu erreichen, sie ist wie ein irdenes, gesprungenes Totenglöckchen, das über tückischem Morast, leise die darin unbesungen Versunkenen beweint.
Der Manja-Geschmack ist somit eine wirklich schauderhafte Kombination, die sofort jeden Appetit erstickt, alles Verlangen absättigt und eventuelle Restnaschlust sechs Fuß tief begräbt. Man wünscht sich das gastronomische Pendant eines erfrischenden Wasserfalls und einer Tube Fenjala um sich von diesem verunglückten Geschmack so einfach und demonstrativ erlösen, ja reinwaschen! zu können wie von dessen meterologischem Pendant, aufgestaut-drückender, schwärender Schwüle.

Fazit: Die Ösis haben ja ein schon ein schönes Land, aber in puncto Schokoriegel-Schöpfung darf man die werten Nachbarn getrost zu den Entwicklungsländern zählen. Ein Riegel wie ein schmalzgläzender Schmerbauch! Sowas von nicht urleiwand - bist Du deppert!