Donnerstag, 13. September 2018

Riegelverkostung – Ovomaltine


Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)


Was steht drauf: crisp müesli snack; Ballaststoffquelle, Neu, Hergestellt in *Schweizerflagge*


Hüftgoldfaktor: 105 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Da liegt er also, das riegelgewordene Après-Ski-Getränk meiner Kindheit, im selben signalorange mit weißumrandetem blauen Namenszug, wie es mir seit jener Zeit von den Einportionsbeutelchen urvertraut ist, die man aufreißen und deren braunen aber nicht kakaobraunen Inhalt man wie Pulverschnee in eine Tasse heißer Milch rühren mußte. Klein und leicht ist dieses Naschwerk, oder vielleicht nur sparsam? Auf der Riegelhülle ist der Riegel schon abgebildet, wie er, wie es scheint, krachend in der Mitte durchgebrochen wird, ein Schokoladenflöz eingefaßt von zwei Müsliplatten.
So ähnlich sieht er auch aus, wenn man ihm den orangenen Overall abgestreift hat, nur bunter und mosaikhafter noch sind die Müsliplatten, als in der Vorschau. Es sieht aus wie ein sehr alter, sehr benutzter Wohnzimmerkurzflorteppich aus einer Engadiner Skihütte aus den 70ern, auf dem sich Hunde gewälzt, Katzen gekratzt, Kinder gespielt, Adoleszente bröselnd Knusperkram verzehrt und inebriierte Halbstarke ihre dunklen Honigbiere verkleckert haben und der nie gesaugt wurde. Ein Teppich voller Farben, Dinge und Erinnerungen, die mit der Zeit in seine Substanz eingegangen, in ihm verewigt und mit ihm eins geworden sind. Und so riecht der Riegel auch: er gibt ein amalgamiertes Aroma frei, das warm und süßlich, malzig-holzig, kernig-röstig und eben wie nach zu Hause riecht.

Mundhaptik: Und in genau so einen Teppich beißt man auch hinein: wie die Fasern und Flor vom süßen Bier sind hier die Knuspereinheiten und Cerealspheroiden der Müslischicht durch Melasse oder Honig miteinander verbacken und verklebt und zäh nur gibt der Riegel einen Bissen preis, den man aufwendig niederkauen muß, wobei all die kleinen Krümelchen und Fragmentchen, die sich darin versammelt hatten, freigesetzt werden und an und zwischen den Zähnen kleben und sich die Schokolade im Inneren haptisch kaum bemerkbar macht.

Geschmack: Aber, das schmeckt ja nur wie ein hundsgewöhnlicher Müsliriegel! Welche Enttäuschung! Mit geschlossenen Augen schmeckte ich genußbereit und nostalgisch der malzigen Herrlichkeit meiner rotwangigen Kinderskitage entgegen und bekam statt dessen den überaus gewöhnlichen, weltlichen Geschmack eines „yet another“-Müsliriegels, den ich genausogut anne Tanke in Hürth-Kalscheuren hätte kaufen können. Um es klarzustellen: Es schmeckt ja nicht schlecht aber eben doch beliebig, vielleicht mit einem winzigen Tick Malzaroma und kaum Schokolade. Doch wo ist die Magie? Wo ist das Labende, das Stärkende, das Wiederaufwärmende, wo ist das knarzig-malzige des unverständlich brabbelnden, wildbärtigen Skiliftopas mit dem Zigarrenstummel, wo ist der Trost, wo die innere Einkehr, wo Vergebung, wo Heimat, wo die Gewißheit, daß alles gut wird, wo ist die Jugend und wo die Zukunft… doch ich schweife ab….

Fazit: Schmeckt wie ein Müsliriegel, der einen kennt, der von einem gehört hat, dessen Schwager irgendwo gelesen hat, wie Ovomaltine schmeckt.




Samstag, 1. September 2018

Riegelverkostung - Ragusa Classique

Die im folgenden getestete Riegelware wurde gesponsort von den Mädels der Zürcher-ForGe. Dafür Dank ;)

Was steht drauf: Schokolade-Riegel mit Praliné-Füllung und ganzen Haselnüssen

Hüftgoldfaktor: 288 Kalorien dat Stück

Erster Eindruck: Hier habe ich etwas geheimes, verborgenes. "Ragusa" klingt wie der Name einer vergessenen Inkagötzin zweifelhaften Charakters, deren düsteren, verfallenen, moosbedeckten Tempel, halb in einem See versunken, man finden könnte, nachdem man sich wochenlang macheteschwingend durch unerkundete Urwälder im Osten Perus würde gekämpft haben. Und um für einen solchen Marsch, dem geflüsterten Namen der Göttin, den man monatelang in fiebrigen Träumen gehört, folgend, gerüstet und genährt zu sein, braucht man diesen Riegel. Unter seinem schräg aufsteigend  weiß auf tiefem Braun gedruckten, goldumrandeten Namen, der Anstiege über schneebedeckte, sonnenüberflutete Gipfel, die sich über tückischen Mooren erheben, andeutet, steht treu und verläßlich nur das Schweizer Wimpelchen, das einem noch Halt gibt. Und auch das getreue und sich zur Rechten der Verpackung hin wie ein Sonnenaufgang aufhellende Orange, in dem ein ziseliert-französisiertes "Classique" schwebt, gibt wie ein erschöpfter Blick gen Himmel Hoffnung und Heimat, im Geist erklingt "Komm, süßer Tod", gespielt auf der Wanamaker-Orgel.

Ragusa verbrigt sein Geheimnis denn auch im Tempelpendant einer edlen Faltschachtel aus hochwertig bedruckter Pappe. Darin ruht ausgestreckt, wie in einem Mausoleum, statt in silberbesticktes Brokat in ein eng an den schlanken Quaderlaib angeschmiegtes Kleid von Aluminium, des Riegels Korpus, der, davon befreit, sogleich den schweren, weichen, dunklen Geruch feisten, schokoladengefaßten Nougats freisetzt, denn der Riegel ist nur halbbedeckt oder seitlich schon eröffnet, längs zerteilet wie von scharfen Lanzen, wird dieser Leib gezeigt wie in Monstranzen, vor dem man einstens tief ins Knieen glitt: wer ihn nur sieht der sättigt sich damit. 

Mundhaptik:  Ragusa greift mir in den Mund und füllt ihn an mit sich; weich und lockend, mächtig aber auch und schwer, zergeht, verdrängt, schmiegt sie sich ein und verlangsamt alles, indem sie sogleich zerschmilzt. So aufwendig bei gleichzeitiger Minderkomplexität ist diese Haptik, daß mich das Prozessieren derselben so in Beschlag nimmt, daß ich nicht einmal sicher bin, ob ich diese Vereinnahmung transzendierend oder aufdringlich finde. Nur gleichgültig, soviel weiß ich, ist sie nicht.

Geschmack: Wie in den Nächten schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit, fällt man in diesen Geschmack. Wir alle fallen ja, nur nicht Ragusa, welche dieses Fallen unendlich satt in ihren Händen hält. Man schwebt hier orientierungslos in einer großsüßen Geschmakssingularität, in einer Mächtigkeit, einer hermetischen Eindeutigkeit aus Schokonougat, über deren supernovalen Ereignishorizont die schweifhaften Anschmecksel der vereinzelten Haselnusskometen, die in die dunkle Unergründlichkeit dieser übersättigten Verdichtung geworfen sind, nicht hinauszuwirken vermögen.

Fazit: Ein Riegel, wie eine Immersion im dunkelsten und geheimsten Ritual eines unaussprechlichen Kults zum Höllensturz des Hungers, wonach man, je nach Neigung, einen Exorzismus oder einen Kelch voll Opferblut benötigt.